Gönnhardt: Kapitel 21

Ohne mich.

Man musste es ihnen lassen, die Füchse waren genügsame Gesellen. Dieser Transport war ein Traum für jeden Umzugshelfer. Florentine war nur mit ihrer Schmusedecke bepackt. Sie sollte erst später herausfinden, dass es eigentlich ein altes Handtuch war. Der hungrige Schorschi nahm lediglich etwas Proviant mit. Claudette fand sich mit ihrem Tennisball abenteuerlustig und extravagant.

Es war der Tag, an dem die Tiere den Wald verließen. Naja, an dem zumindest ein paar Füchse den Bau verließen. Was Gönnhardt schon von Anfang an Magenschmerzen bereitet hatte, bewahrheitete sich: Bertram und Reinholdt wollen nicht mit. Reinholdt hatte sich morgens feierlich von seiner Schwester verabschiedet und ihr einen Tennisball zur Erinnerung geschenkt. Claudette bekam den Tennisball allerdings nur, weil Florentine zuvor die … >>> weiterlesen

Gönnhardt: Kapitel 22

Überraschung.

Die Füchse schauten ängstlich aus ihren jeweiligen Fensterscheiben. Die Fahrt war holpriger geworden, seit Anne auf dem gepflasterten Weg nahe dem Marktplatz in Karlsruhe eingebogen war. Nach penetrantem Drängen und weinerlichem Bitten spannte sie die durchgeschüttelten Füchse nicht länger auf die Folter. Sie verriet endlich, dass ein offizieller Festakt anstand. Beim letzten Wort streckte sie die Arme in die Luft, wackelte mit den Händen und verfiel in Singsang: Wir, also ich und ein paar Offizielle und so, wollen euch Füchsen zeigen, dass ihr dazugehört. Ich, also wir, also die ganze Stadt hat eine Begrüßung geplant. Eine Willkommenspaaaraaade!

Angekommen. Anne bat die Füchse im Auto zu bleiben, während sie mit einem Mann in einer gelben Jacke die Details absprechen würde.… >>> weiterlesen

Gönnhardt: Kapitel 23

Bitte lächeln.

Die Willkommensparade führte vom Marktplatz über die Kaiserstraße in die enge Gasse zum Platz der Grundrechte. Es war ein ungemütlicher Durchgang: windig, dunkel. Nicht mal die Mittagssonne verirrte sich hierher. Das Absperrgitter verlief dort gezwungenermaßen schmal, da die Zuschauer laut Abteilungsleitung nicht zerquetscht werden durften. Es war so eng, die Füchse mussten nacheinander gehen. Schorschi zog vorsichtshalber den Bauch ein, wuchs dadurch aber eher in die Breite statt in die Höhe. Die Gasse war von riesigen Bauten umschlossen. Menschen standen an den offenen Fenstern wie Zaungäste bei einem Mord im Krimi. An den Wänden hallten Rufe und Geklatsche. So summierte sich der Geräuschpegel in dem Weg zu einem Getöse, das die Menschen unten noch weiter anstachelte.

In der … >>> weiterlesen

Gönnhardt: Kapitel 24

Klatschen für Tatzen.

Ein Mann, Mitte 50, mit halber Glatze und rundem Bauch stand auf der Bühne und stellte sich vor: Für die wenigen unter Ihnen, die mich nicht kennen, ich bin der Herr Schminkfit. Ich bin der Verwalter von unserem wunderbaren Schloss und seit Kurzem auch als Lokalpolitiker zu ihren Diensten.

Herr Schminkfit spielte sein eigenes Spiel. Technisch gesehen war er nämlich kein Lokalpolitiker, sondern ein Schlossverwalter, der Lokalpolitiker werden wollte. Dazu muss man schließlich erstmal eine Wahl gewinnen. Für die notwendigen Stimmen braucht es bekanntlich Dumme, die das entsprechende Kreuz setzen. Deswegen sah man dem Herren Schminkfit den Opportunismus ins Gesicht geschrieben. Die Sache mit dem Fuchs hatte er ganz genau verfolgt. Die Umfragewerte des Politikers Schleimbolzen schnellten … >>> weiterlesen

Gönnhardt: Kapitel 25

Hunger.

Während der Führung durch das Schloss wurde das Grinsen von Gönnhardt immer breiter. Nicht wirklich aus Dankbarkeit, eher um dankbar zu wirken, damit er guten Gewissens Schweigen konnte. Er war begeistert, hatte jedoch keine Energie mehr zum Reden. Die Kraftreserven der anderen Füchse waren hingegen erst im hellroten Bereich, sie nickten immerhin mechanisch. Die kleine Bande sah aus wie eine Armee von Wackeldackeln mit einem Kriegsdienstverweigerer.

Die Menschen, die die Schlossbesichtigung begleiteten, strotzten vor Tatendrang. Das Blitzlicht gewitterte, die Münder schnatterten. Schminkfit bekam vor Aufregung ganz rote Bäckchen. Er ließ sich bei jeder seiner großzügigen Gesten ablichten. Einmal zeigte er die Küche, dann ging es zurück in den Eingangsbereich. Von dort führte Schminkfit direkt weiter: Über einen Zwischenstopp in … >>> weiterlesen

Gönnhardt: Kapitel 26

Licht aus, Licht an.

Kaum waren die Füchse aufgewacht, wurden sie auch schon besucht. Wenn man jemanden, der einfach seiner Arbeit nachgehen will, denn einen Gast nennen kann, war Guido der erste Gast.

Seine Schicht begann am gähnenden Morgen. Zu dieser frühen Stunde wollte er unauffällig und leise sein. Bei dem Versuch, die Füchse nicht zu wecken, schlich er sich auf Zehenspitzen ins schwarze Fuchszimmer. Mit ausgestreckten Armen ins Leere tastend, wie wir das alle im Dunkeln machen, tapste er vorwärts. Als er sich fast am Ziel wähnte, nämlich an seiner Abstellkammer, trat er gewaltig ins Fettnäpfchen. Er trampelte auf Claudettes Schwanz.

Die arme Füchsin jaulte auf: Auuuuuuuuua!

Guido wischte panisch über die Wand, schaltete schnellstmöglich das Licht an. Er … >>> weiterlesen

Gönnhardt: Kapitel 27

So lässt es sich leben.

Fuchs musste man in jenen Tagen sein. Sie lebten ein Leben wie Arbeitslose im wohlverdienten Urlaub. Es ging ihnen sogar noch besser. Den Hintergedanken, dass ihr Lotterleben bald vorbei sein könnte, kannten sie nicht.

Es hatte sich ein angenehmer Alltag entwickelt. Morgens kam Guido mit dem Frühstück. Nach dem gemeinsamen Schmaus teilte sich die Gruppe auf, um den jeweils eigenen Hobbys zu frönen.

Ja, die Welt meinte es in diesen Tagen gut mit unseren Füchsen. Aber man kennt die weiseste aller Weisheiten: Wo Licht, da Schatten.

Florentines gutes Aussehen war sowohl Fluch als auch Segen. Wenn sie nicht gerade von kleinen Mädchen belästigt wurde, wurde die Arme umgarnt. Als tierische Version einer Strandschönheit, badete sie … >>> weiterlesen

Gönnhardt: Kapitel 28

Und die so.

Da haben wir so viel von den Füchsen erzählt, es wird Zeit, den Gemütszustand der Menschen anzusprechen. Die Alteingesessenen in Karlsruhe wurden bisher nur beiläufig erwähnt, widmen wir ihnen doch ein paar Sätze. Die sollen sich ja nicht vernachlässigt fühlen.

Für die Menschen war es verständlicherweise ein gewaltiger Schock, als Gönnhardt im Fernsehstudio aufgetaucht ist. Es brauchte einige Interviews und etliche Beteuerungen, dass es kein Scherz war, um die Menschen zu überzeugen, dass von nun an tatsächlich ein sprechendes Tier in Karlsruhe wohnt. Die Einschaltquoten und Auflagenzahlen schossen in die Höhe, wenn Gönnhardt einen Auftritt hatte beziehungsweise auf der Titelseite zu sehen war. Ein sprechender Fuchs, das ist schon eine Hausnummer. Das musste man erstmal verdauen. Und … >>> weiterlesen

Gönnhardt: Kapitel 29

Regenwetter.

Aufstehen fiel heute schwer. Gönnhardt vermutete, das musste die bequemste Couch sein, die jemals hergestellt wurde. Der Fuchs kannte seine inneren Widerstände genauso gut wie sich selbst. Er wusste: Wenn er es einmal schleifen ließ, dann würde er die Sache mit der Bewegung wahrscheinlich komplett aufgeben. Diäten waren auch bei Füchsen ein fragiles Gut, quasi das FabergéEi unter den guten Vorsätzen. Gönnhardt quälte sich aus dem Bett, um Frühsport zu machen.

An diesem Tag lag Niederschlag und damit Niedergeschlagenheit in der Luft. Die Wolken waren blau-grau gefärbt. Während seiner verspäteten Runde durch den Park sah Gönnhardt nur Menschen, die sich vorsichtshalber die Kapuzen tief ins Gesicht gezogen hatten. Er wurde weder gegrüßt noch beäugt. Sogar die Enten … >>> weiterlesen

Gönnhardt: Kapitel 30

Ich bin daaa.

Tock.

Tock.

Verschlafen hob Gönnhardt den Kopf. War da was? Hatte er nur geträumt?

In kürzeren Abständen: Tock. Tock. Tock,

Er reckte den Hals, wollte herausfinden, woher das Geräusch kam. Er schaute nach oben, nach links, nach re… AAAAH! Gönnhardt entdeckte eine verschwommene Fratze hinter einer beschlagenen Glasscheibe. Der Arme! Das war nämlich genau so ein schrecklicher Anblick, wie du ihn dir vorstellst.

Gönnhardt war in Schockstarre. Eine Hand wischte Spritzwasser weg.

Und dann entlud sich Gönnhardts Anspannung in einem verbitterten GRRR.

Nachdem Anne Gönnhardt aus seinem Mittagsschlaf gerissen hatte, weckte Gönnhardt die anderen Füchse aus ihren jeweiligen Nickerchen. Der Grunzlaut war zwar auch nicht angenehm, doch nichts im Vergleich mit Gönnhardts Todesängsten.

Als Anne im … >>> weiterlesen