Gönnhardt: Kapitel 28

Und die so.

Da haben wir so viel von den Füchsen erzählt, es wird Zeit, den Gemütszustand der Menschen anzusprechen. Die Alteingesessenen in Karlsruhe wurden bisher nur beiläufig erwähnt, widmen wir ihnen doch ein paar Sätze. Die sollen sich ja nicht vernachlässigt fühlen.

Für die Menschen war es verständlicherweise ein gewaltiger Schock, als Gönnhardt im Fernsehstudio aufgetaucht ist. Es brauchte einige Interviews und etliche Beteuerungen, dass es kein Scherz war, um die Menschen zu überzeugen, dass von nun an tatsächlich ein sprechendes Tier in Karlsruhe wohnt. Die Einschaltquoten und Auflagenzahlen schossen in die Höhe, wenn Gönnhardt einen Auftritt hatte beziehungsweise auf der Titelseite zu sehen war. Ein sprechender Fuchs, das ist schon eine Hausnummer. Das musste man erstmal verdauen. Und dann kam der Nachschlag: noch mehr sprechende Füchse

Obwohl es viele Menschen gab, die begeistert waren und Kontakt mit den Füchsen suchten, war der schweigenden Mehrheit das Ganze nicht geheuer. Sie waren skeptischer, als es die überschwänglichen Artikel und Reportagen vermuten ließen. Manche interpretierten die Füchse als Zeichen des Untergangs. Andere fürchteten, dass sich ihr eigenes Leben durch die sprechenden Tiere verändern würde. Es wurden viele Worte gewechselt – gute wie schlechte Zeilen. Klar, die Füchse waren gefundenes Fressen, wenn die eigenen Gesprächsthemen ausgingen oder der Redefluss ins Stocken geriet. Und das passiert bekanntlich bei jedem Telefonat. Manch einer argumentierte für sie, andere sprachen sich dafür aus, dass die Füchse statt nach Karlsruhe lieber in das Land des wachsenden Pfeffers ziehen sollten. Es wurden Fragen aufgeworfen, die sich um die Zukunft des Zusammenlebens drehten. Ob die Füchse jetzt für immer dort im Schloss leben durften? Ob Karlsruhe zur Touristenattraktion schlechthin werden würde? Ob Fernseher in Zukunft Deutschlehrer in der Grundschule ersetzen konnten? Sollten sich Tiertrainer oder Lehrer um die Füchse kümmern? Ob Lehrer generell zu viel verdienten? Was so ein Fuchs an Arbeitslosengeld bekommen durfte?

Fragen, Fragen, Fragen, aber Gönnhardt konnte in seinen vielen Interviews einfach keine allumfassenden Antworten liefern.

Als der große Knall ausblieb, als sich herausstellte, dass alles so bleibt wie bisher, beruhigte sich die Lage im Großen und Ganzen. Es gab zwar noch Statusberichte über das Leben der Füchse, aber sie dominierten nicht mehr das Geschehen. Man war erleichtert. Der Mensch bleibt Mensch, Tier bleibt Tier. Abgesehen von ein paar sprechenden Füchsen, versteht sich.

Während sich die Füchse einlebten, ging auch für die meisten Menschen das Leben weiter. Den Füchsen kam es zwar so vor, als ob sich die ganze Welt um sie dreht, dem war aber nicht so. Für viele Familien ersetzten sie lediglich den Zoobesuch, der in diesem Jahr schon wieder teurer wurde. Und das trotz der erdrückenden Abgabenlast!

Es braucht keine Gehirnakrobatik, sich vorzustellen, dass es auch Konflikte wegen den Füchsen gab. Die Gunst der Stunde wurde genutzt, um die Füchse als Rammbock für gutgemeinte oder krude Ideen einzusetzen. Es wurde unter dem Deckmantel der Fuchshilfe versucht, die eigenen Ziele durchzudrücken wie Kartoffeln, die zu Kartoffelbrei werden. Es sollten Autos verboten werden. Hier wurde das Argument vorgeschoben, dass die Füchse von ihrer Angst vor Autos erzählt hatten. Eine andere Gruppe wollte ein Gesetz, das auch Menschen erlaubt, nackt bis auf einen Hut durch die Gegend zu laufen. Andere wollten den Verzehr von tierischen Produkten unter Haftstrafe stellen. Es gab zu viele Spinnereien, bei denen die Füchse als billige Ausrede herhalten mussten, um sie alle zu erwähnen. Die ganzen Vorhaben scheiterten früher oder später an mangelnder Unterstützung, doch wichtig ist dieses Resultat: Ein Teil der Menschen, der von Anfang an skeptisch gegenüber den Füchsen war, fühlte sich aufgrund der Schwemme hirnrissiger Forderungen verständlicherweise überrumpelt. Sie wurden sauer. Sündenbock waren leider die, die gar nichts mit dem Irrsinn zu tun hatten.

Eigentlich hätte der Streit zwischen den menschlichen Gruppierungen ausgetragen werden müssen, doch da jeder die Füchse als Ausrede vorschickte, wurden die armen Tiere zum Ventil des Ärgers und zum Schild gegen Argumente. So entwickelte sich in gewissen Kreisen eine Wut auf die Füchse. Im Osten der Stadt verfestigte sich der Widerstand, der ebenfalls eine Entwicklung durchmachte.

Während Gönnhardts ersten Tagen und den ersten Forderungen war es ein loser Haufen der Ablehnung. Als die Willkommensparade großzügig und spendabel geplant wurde, als Veränderungen penetranter gefordert wurden, nahm der Protest Form an. Und so standen am Tag des Einzuges viele Demonstranten vor dem Schloss. Sie wollten, dass die Füchse wieder dahin gingen, wo sie her kamen. Doch da die Füchse keinerlei Anstalten machten zu gehen, weil sie blieben, wo sie waren, wurde an jedem Tag der ersten beiden Wochen demonstriert.

Nun waren die meisten Demonstranten keine Wilden, die sonst nichts zu tun hatten und sich von blankem Hass ernährten. Es waren verärgerte Bürger, auch sie mussten an jedem nächsten Morgen früh raus, wenn denn kein Wochenende war. Es zehrte an den Kräften, bis in die späten Abendstunden Parolen zu grölen. Daher wurde die Gruppe in der zweiten Woche auch immer kleiner. Am zweiten Dienstag war nur noch der eiserne Kern der Abneigung übrig. Im inneren Kreis des eisernen Kerns hatte ein gewisser Marc das Sagen.

Marc tat sich in den ersten Tagen als Wortführer der Gegenbewegung hervor. Er war es, der bald den Takt des Sprechgesangs anführte. Marc sah ein, dass seine Kopf-Wand-Taktik nicht aufging. Eine neue Strategie musste her. So sah er sich in der Pflicht, die eigenen Reihen besser zu organisieren. Am Mittwoch wollten die Demonstranten pausieren, um am Donnerstag mit vollen Kräften skandieren zu können.

Und das taten sie. Die Kehlen nicht mehr heiser, die Energiespeicher gefüllt, war es ein eindrucksvoller Gesang, der angestimmt wurde. Die Teilnehmer waren von sich selbst begeistert, sie summten ihre melodischen Reime noch auf dem Heimweg.

Seitdem trafen sich die Oststädter jede Woche zu ihrer Kundgebung am Karlsruher Schloss. Mal waren es mehr, mal waren es weniger. Doch unter dem Motto Donnerwetter am Donnerstag waren immer Menschen zu finden, die zusammen mit Marc lautstark protestierten.

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Dieses Kapitel ist ein Teil des Buches Gönnhardt: Füchse, Kriege, Flüchtlingskrise. Ich hoffe, dass dir die Kostprobe gefallen hat. Ich denke allerdings, dass es mehr Spaß macht, wenn man das Buch als Komplettpaket liest. Was dich trennt? Die Bestellung. Keine Sorge: Falls du das Buch kaufen möchtest, musst du nicht viel Geld ausgeben.

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