17. August, 10 Uhr 14

Ich versuche es jetzt nochmal. Man muss den Dingen doch eine faire Chance geben, oder?

Ich schreibe nun also Tagebuch. Der Grund ist, dass ich ziemlich mies drauf bin. Nicht nur ziemlich, richtig mies. Da ich mich garantiert auf kein Sofa legen, mir keinen Psychiater geben will und mich auch nicht bei meinen Freunden ausheulen werde, versuche ich es mal hiermit. Schreiben soll doch Selbsttherapie sein und irgendwie die Seele reinigen. Vielleicht ist ja was dran. Wenn nicht wanderst du eben in den Mülleimer, liebes Tagebuch. Nur dass du Bescheid weißt, und dir keine falschen Hoffnungen machst.

Fangen wir mal an. Am besten mit dem, was mir zu schaffen macht.

Ich bin Anders, ich schwanke derzeit zwischen hoffnungslos und traurig. >>> weiterlesen

18. August, 9 Uhr 33

Ich bin echt beknackt. Eigentlich schreibt man bei Tagebüchern nur über den vergangenen Tag, oder? Naja egal, dann ist das eben der Vorspann. Ich muss den Mist einfach nochmal jemandem erzählen, und wenn ich es nur selbst bin. Ich bin ja auch ein jemand.

Weiter geht es mit der Geschichte bis zum Jetzt. Das mit dem Herausfinden und so war vor ein paar Wochen. Auch bei meinen Eltern ist mir die Decke recht schnell auf den Kopf gefallen. Erstens ist es nicht schön, aus der IKEA-Tasche zu leben, zweitens war das Gefühl morgens von seiner Mutter Frühstück gemacht zu bekommen und abends gemeinsam Fernseher zu gucken… sagen wir mal surreal.

Diese Übergangslösung musste ich so schnell wie möglich hinter mir >>> weiterlesen

19. August, 10 Uhr 05

Gestern war mal wieder öde. Stunden über Stunden rumsitzen ist wirklich öde, da gibt es keinen anderen Begriff. Ich glotze hinter meiner Schutzscheibe jeden an, der vorbeiläuft wie ein alter Opa, der auf dem Sessel am Fenster sitzt. Ich habe irgendwie jetzt schon Angst vor dem Feierabend… Feierabend wie das klingt. Es ist ja genau das Gegenteil.

Ich feier nämlich ziemlich erbärmlich. Wie ich jetzt schon mehrfach erwähnt habe, kenn ich hier niemanden. Zudem bin ich etwas überfordert, wenn es darum geht, jemanden in meinen Alter kennenzulernen. Das klappte mit 20 besser. Zurzeit sind die Feierabende jedenfalls nichts, mit dem sich prahlen lässt. Hier schenke ich mir eine Runde Mitleid.

Ich trinke abends zu viel Bier und habe mittlerweile keine >>> weiterlesen

21. August, 16 Uhr 17

Ich bin ausnahmsweise nicht im Kiosk. Gestern war so ein mieser Tag, da wollte ich nicht schreiben. Aber ich glaube, es tut mir ganz gut, wenn ich hier meine Gedanken und Erlebnisse fest halte.

Der Arbeitstag im Kiosk war total nervig. Es hat nichts geklappt, ich hab falsch rausgegeben und muss den Minusbetrag nun begleichen. Das waren 12 Euro soundso. Bei meiner miesen Bezahlung und der daraus resultierenden finanziellen Lage ist das richtig übel. Dafür muss ich bald 2 Stunden arbeiten. Man kann es mir kaum verübeln: Da war die Stimmung im Keller.

Mittags wurde es auch nicht besser. Meine Mutter hat angerufen. Ich wollte eigentlich nicht rangehen. Entgegen des Instinktes, einfach durchklingeln zu lassen, bin ich doch drangegangen. Was >>> weiterlesen

21. August, 18 Uhr 12

Machen wir es kurz: Ich bin wieder zuhause, ernüchtert. Jetzt könnte ich den Satz mit X schreiben. Ich hab logischerweise die Quittung bekommen, dafür dass ich so übermütig war und etwas gewagt habe. Ein paar Omas haben gegrüßt. Aber die Weiber hier sind abweisend und arrogant. Nach der dritten, die mich hat auflaufen lassen, wurde es mir zu peinlich. Ich frage mich, was die sich denken, wenn sie sich einfach so umdrehen und Leute ignorieren, die sie ansprechen. Wäre es nur eine gewesen… Nach der zweiten Abfuhr wurde es traurig, da war ich nicht mal gekränkt. Die Dritte hat mich nicht mal angeschaut. Nicht eines Blickes hat sie mich gewürdigt, sondern komplett ignoriert. Danach habe ich die weisse Fahne gehisst >>> weiterlesen

22. August, 12 Uhr 44

Meine Stimmung ist immer noch im Keller… quasi zum Bier holen. Der Lichtblick: Ich konnte tatsächlich gut einschlafen, da waren Bewegung und frische Lust wohl doch zu etwas gut. Ansonsten gibt es nicht viel zu berichten. Ich frage mich, warum ich gerade überhaupt schreibe. Ich habe mich wahrscheinlich schon daran gewöhnt. Bin halt eine treue Seele.

Man soll doch die positive Seite sehen: fast Feierabend. Ich habe Feierabend, wenn normale Menschen Mittagspause haben. Gewöhnungsbedürftig wäre übertrieben positiv gesehen, dass ich aussehen müsste wie der Kollege von den Ghostbusters. Schleimer.

Der Chef kommt gleich, ich zähle schon die Minuten. Mir graust es vor jeder Begrüßung und Verabschiedung. Der ist so ein forscher Typ, gibt jedem einen saftigen Händedruck. Wenn er sich >>> weiterlesen

22. August, 13 Uhr 14

Jetzt bin ich wieder zuhause. Mein Heimweg ist schön kurz. Ich muss nur um die Ecke biegen und eine Straße entlang. Nochmal zum Chef: Der war heute wieder die volle Dröhnung. Es war die Rocky Horror Schwitzer Show mit feuchtem Handschlag, einem Witz über ein Mädchen, das auf dem Heimweg war. Natürlich musste noch ein bisschen über den Umsatz gemeckert werden, das gehört dazu. Der hat schon so einen unsympathischen Namen. Hubert Maas. Ulli meinte, dass Herr Maas seinen Tag damit verbringt, beziehungsweise seine Mettbrötchen damit verdient, ein paar ähnliche Verkaufsstände in Karlsruhe zu betreiben. Hoffentlich ist der Typ nicht auch noch reich. Dann wäre die Welt so unfair wie ein bestochener Schiedsrichter.

Vor unserem Haus stand wieder das blaue >>> weiterlesen

22. August, 18 Uhr 13

Das Wetter war heute nicht so pralle, da sinken die Flirtchancen noch weiter, da einfach weniger Damen unterwegs sind. Mir sollte es recht sein: Kann ich das mit dem Kontakt suchen auch gleich lassen. Aufgegeben habe ich mich jedoch nicht. Ich war trotzdem noch ein bisschen spazieren, habe auf dem Rückweg noch Besorgungen gemacht. Es war nichts Weltbewegendes: Ich musste einkaufen. Außer Ketchup hatte ich nichts mehr. Mein Kühlschrank ist ständig leer, obwohl er klein ist, bekomme ich ihn nie voll. Bei den Schränken sieht es nicht besser aus. Wenn andere Vorratskammern haben, habe ich ein Vorratsfensterbrett. Es kommt mir vor, als ob ich jeden zweiten Tag einkaufe, immer hungrig bin und trotzdem nie etwas daheim habe.

Ich bin vielleicht >>> weiterlesen

22. August, 20 Uhr 37

Im Moment kommen überall nur Liebeskomödien. Ich vermisse Alex, wenn ich an sie denke. Mit ihr musste ich diesen Quatsch auch ständig schauen.

Wäre ich noch in Bremen könnte ich sie jetzt besuchen. Wir würden dann auf der Couch liegen. Sie vertieft in den Film, ich mit ein paar flapsigen Sprüchen und nebenbei am Surfen. In Bremen wäre ich sicher nicht allein. Dort könnte ich wenigstens Freunde besuchen. Naja, was soll ich rumheulen? Ich wollte es so. Wenn ich noch sentimentaler werde, muss ich mir bald eine Harfe kaufen.

Mich juckt es, noch rauszugehen. Aber so halbbesoffen, wie ich es bin, ist das einfach peinlich. Ich könnte zeichnen und ein bisschen produktiv werden.

Oder einfach weiter trinken, das tut es >>> weiterlesen