22. August, 18 Uhr 13

Das Wetter war heute nicht so pralle, da sinken die Flirtchancen noch weiter, da einfach weniger Damen unterwegs sind. Mir sollte es recht sein: Kann ich das mit dem Kontakt suchen auch gleich lassen. Aufgegeben habe ich mich jedoch nicht. Ich war trotzdem noch ein bisschen spazieren, habe auf dem Rückweg noch Besorgungen gemacht. Es war nichts Weltbewegendes: Ich musste einkaufen. Außer Ketchup hatte ich nichts mehr. Mein Kühlschrank ist ständig leer, obwohl er klein ist, bekomme ich ihn nie voll. Bei den Schränken sieht es nicht besser aus. Wenn andere Vorratskammern haben, habe ich ein Vorratsfensterbrett. Es kommt mir vor, als ob ich jeden zweiten Tag einkaufe, immer hungrig bin und trotzdem nie etwas daheim habe.

Ich bin vielleicht ein Tiefstapler, aber das ist doch schlicht und ergreifend armselig: Die wichtigste Entscheidung, die ich heute getroffen habe, war, ob ich zu Aldi oder Lidl gehe. Die liegen einander gegenüber, ich konnte also mal richtig spontan sein. Wuu huu! So ein Hoch der Gefühle… nicht.

Es macht eigentlich keinen Unterschied. Mein Einkäufe sind beinahe einstudiert. Ich kaufe immer die gleichen Artikel, aber die Kassieren sehen beim einen Markt besser aus. Schon bezeichnend, so treffe ich meine Entscheidungen heutzutage. Unscheinbar sein ist gar nicht so übel, wenn man seine Ruhe haben will. Da die Leute immer dicker werden, fällt auch meine Wampe nicht auf. Meine urbane Tarnung: Jeans, Deo drunter, T-Shirt drüber, Gel drauf, Haare gestriegelt, meine alten Sneaker an und raus.

Im Supermarkt gab es das Übliche: Sixpack-Bier, Dreierpack Pizza, Light-Käse und dann noch Quark oder Joghurt. Ich bin echt ein Trottel, so hab ich morgen wieder nichts Brauchbares. Ich hätte mal Gemüse und Linsen kaufen sollen, ich Hohlkopf. So viel zum Thema Abnehmen.

Zur Feier des Tages habe ich noch eine Flasche Kräuterschnaps, natürlich nicht Marke, sondern das billige Pendant, gekauft. Ich will mir heute Abend mal wieder die Kante geben. Heute ist Freitag, da stinke ich die Kinder morgen nicht voll. Ich denke schließlich mit. Die paar Leute, die kommen sind meist Säufer, die meine Fahne nicht von ihrer unterscheiden können. Bei den anderen halte ich mir kokett eine Zeitschrift vor den Mund als wäre es ein Fächer.

Überraschung: Meine Stimmung ist gut. Ich wurde nämlich im Supermarkt auf eine Party eingeladen. Da habe ich mit der Supermarktwahl tatsächlich eine gute Entscheidung getroffen. Im Aldi hat mich ein DJ angesprochen, weil ich mein uraltes Dynamite Deluxe T-Shirt anhatte. Da soll noch mal einer sagen, dass man alte Sachen entsorgen soll. Zum Glück hab ich den alten Fetzen nie weggeworfen. Es spielt ja keine Rolle, dass es eher wegen meines Geizes und nicht der Umwelt war.

Der Typ hat mich jedenfalls auf das Shirt angesprochen. Ich war gelinde gesagt verdutzt. Aber das Misstrauen, das ich gegenüber fremden Männern habe, war in diesem Fall eine Fehleinschätzung. Er hat mich auf seinen nächsten Gig eingeladen. Er legt am Samstag, also morgen, auf. Da er alten Hiphop und so spielt, hat er mir seinen Flyer in die Hand gedrückt. Ich bin ein wenig nervös. Ich war schon ewig nicht mehr weg. Hier war ich noch auf keiner richtigen Party. Die Gelegenheit sollte ich mir nicht entgehen lassen.

Zuhause gab es erstmal ein Schlückchen für das Gemüt. Das erste Bier hat es nicht aus dem Flur geschafft, das zweite nicht in den Kühlschrank. Waren zwar beide ein bisschen warm, haben dennoch nach Erfolg geschmeckt. Dieses Bier aus den Plastikflaschen ist gar nicht so übel. Kein Plan, was die Leute immer haben. Ist bestimmt einfach so eine Sache, wo nur der Ruf ruiniert ist. Ich trinke das Bier jedenfalls ganz ungeniert – wenn ich alleine bin.

Das heutige Abendprogramm steht ebenfalls: Chillaxen. Heißt: Glotze an und ein bisschen abschalten.