27. August, 15 Uhr 22

und da bin ich wieder.

Bei der Untersuchung hat er nur kurz den Blutdruck gemessen – zu hoch. Ansonsten durfte ich spenden. Was ich mittlerweile getan hatte. Hätte mich ehrlich gesagt auch gewundert. Die Blutspende war harmlos, das kann ich also wiederholen. Ich darf allerdings noch nicht gehen, ich bin gerade in der Ruhe- und Regenerationsphase. Es werden Orangensaft und Cracker gereicht. Scheußlich.

Ich werde auf dem Rückweg durch die Stadt schlendern und ein paar Leute grüßen, bei einer Drogerie vorbeischauen und mich mit dem Nötigen eindecken. Da ich keine Lust mehr habe, hier zu hocken, verkürze ich meine Ruhepause. Und ab dafür.>>> weiterlesen

27. August, 19 Uhr 29

Meine gute Tat wurde direkt belohnt. Vielen Dank, Karma. Du hast dich postwendend revanchiert.

Ein gutes Gefühl muss Wunder für das Selbstbewusstsein wirken. Oder ich war durch das fehlende Blut so leicht im Kopf, dass ich ein neuer Mensch war.

Jedenfalls: auf dem Heimweg vom Krankenhaus bin ich der süßen, blonden Anna begegnet. Sie war gleich am Anfang offen. Entgegen aller Erwartungen also nicht irgendwie abgeschreckt von mir. Das Problem mit unserem Treffen auf der Party konnte ich direkt aus der Welt schaffen. Ehrlich währt am längsten, dachte ich mir. Ich habe ihr erklärt, dass ich schon länger nicht mehr weg war. Sie fand es dann gar nicht mehr so schlimm, dass ich mir den Mut antrinken musste, um alleine >>> weiterlesen

27. August, 19 Uhr 55

Ich bin fertig. Ich habe versucht ehrlich zu sein, wo es ging. Teilweise auch ein wenig übertrieben, um Mitleid, nein, eher Verständnis zu bekommen. Ich habe gemeint, dass ich sie vermisse, dass der Umzug spontan war und ich sie nicht hintergehen wollte. Im Endeffekt allem widersprochen, was meine Mutter behauptet hat.

Dass ich es zuhause einfach nicht mehr ausgehalten habe und mehr als nur einen Tapetenwechsel gebraucht habe. Dass ich gerade jung und frei genug bin, um den Schritt ans andere Ende von Deutschland zu wagen. Ich habe ihr meine neue Adresse geschickt, falls sie mich mal besuchen möchte. Ich hoffe aber natürlich, dass sie nur mit einem Brief antwortet und meinen Bluff nicht bestraft. Wir wollen ja nicht gleich >>> weiterlesen

28. August, 0 Uhr 04

Wenn Tropfen fallen, schüttet es.

Ich stehe vor dem Spiegel einem geschunden Körper gegenüber. Ich habe Prellungen und Schürfwunden, Schmerzen wie nach einer Operation. Ich wurde von einem Auto angefahren. Die Einzelheiten sind verschwommen wie bei einem Weichzeichner. Ich bin mir nicht sicher, was genau passiert ist. Warum bin ich nach hause gelaufen statt in ein Krankenhaus?!

Was ich weiß: Ich bin mit meinem klimpernden Kleingeld in der Hosentasche aus dem Haus. Es wurde finster, hat bald angefangen zu regnen. Auf halbem Weg zur Post hat es richtig geschüttet. Haare nass, Jacke nass und das Schlimmste: Hose nass. In der Hose war nicht nur meine Münzsammlung, die so eine Dusche natürlich unbeschadet überlebt. Nein, auch die Nummer von Anna, der >>> weiterlesen

28. August, 9 Uhr 01

Es ist nicht zu fassen! Was ein wenig Schlaf doch alles ausrichten kann! Ich wusste schon immer, dass ich hart im Nehmen bin. Früher war ich auch nie lange krank oder verletzt, aber das hier ist schon abgefahren, wie wenn man den Bus verpasst.

Ich fühle mich zwar nicht fit wie ein Turnschuh, aber da ich zäh wie ein Siebenmeilenstiefel bin, komm ich mir vor wie alte Arbeitsstiefel. Ich bin nicht in der besten Verfassung, aber belastbar. Entweder habe ich heute Nacht vor Schreck übertrieben oder durch den Schock mehr Schmerzen und Wunden gesehen, als jetzt noch da sind. Oder ich bin ein Superheld mit übermenschlichen Heilungskräften. Ich habe ja immer gehofft, das ich etwas besonderes bin.

Nun sitze ich >>> weiterlesen

28. August, 11 Uhr 13

Eben war Frau Mikenz da. Sie ist nicht die sympathischste Person, aber sie sorgt immer wieder für Unterhaltung. Sie ist ein Zeitvertreib. Während sie da ist, vergehen 20, 30 Minuten wie im Flug. Wenn sie weg ist, bin ich froh. Insgeheim sehne ich jedoch ihren nächsten Besuch herbei. Sie hat immer etwas fieses auf den Lippen. Und ich rede nicht von Herpes.

Sie sieht nicht gut aus, nicht schlecht aus, sondern einfach nur nicht richtig. Sie ist etwa 1 Meter 60. Frisiert sich schlecht gefärbte Haare zu einem unmöglichen Turm. Ein Rot, das mich an rostige Türen erinnert. Bei ihrer Fönfrisur mit Haarsprayüberdosis erhöht sich ihre Körpergröße um geschätzte 17 cm. Sie wirkt, als ob sie nur alle 2 Tage >>> weiterlesen

28. August, 18 Uhr 11

Ich bin nun wieder zuhause. Es bleibt abgefahren. Es kamen noch mehrere Kunden, die von dem Unfall gesprochen haben. Mord und Totschlag scheint ein beliebtes Thema zu sein, da sprudeln auch die stillsten Wässer. Sollte nicht Frau Mikenz die ganzen Leute eingeweiht haben, scheint ihre Variante die gängige zu sein. Ich bin mir nun auch ziemlich sicher, dass es mein Penner war. Ein Kunde hat ihn an dem Tag auch gesehen. Ich ärgere mich gerade, dass ich ihm geholfen habe. Keine gute Tat bleibt ungesühnt. Hoffentlich untersuchen sie die Münzen nicht auf Fingerabdrücke. Aber das wäre doch sehr übertrieben?! Ich werde langsam paranoid.

Wie auf Kommando: Ich höre leise Stimmen im Treppenhaus.

Hoffentlich werde ich jetzt nicht geholt.

Gerade aus >>> weiterlesen

28. August, 19 Uhr 58

Ich bin aufgesprungen und in der effektivsten Kombination von schnell und geräuschlos sein in meinen Gang geeilt. Mein Ohr war an die Tür gepresst. Ich konnte kaum etwas verstehen. Neugier > Vorsicht. Ich öffnete die Tür einen Spalt. Jetzt bloß nicht quietschen.

Ein Mann: „… Behrens, wir haben ein paar Fragen bezüglich eines Unfalls können wir reinkommen.“

Anna antwortet.

Sie sagte… unverständliches Gemurmel. Igendjemand hat just in dem Moment seinen Staubsauger angemacht. Die verschiedenen Geräusche vermischen sich zu einem lauten Einheitsbrei.

Ich bekam nur noch ein letztes Geräusch von diesem Gespräch mit: Annas Wohnungstür schloss sich.

Mein Herz schlug vom Herz über den Hals bis in die Schläfen. Ich lief von Tür zum Fenster. Das Auto stand noch. Was wollen >>> weiterlesen

28. August, 22 Uhr 41

Ich bin wieder zurück in meiner Wohnung, genau genommen schon das zweite mal. Der Reihe nach…

Ich bin also hoch zu Anna, ich war unglaublich nervös. Zwei Bier sind nicht so ein gutes Beruhigungsmittel, wie man vermuten würde. Die Wirkung verpufft, wenn man ständig trinkt und zudem von Adrenalin aufgeputscht ist. Ich habe an ihrer Tür geklopft. Nach schätzungsweise einer Sekunde wurde diese geöffnet.

Vor mir stand Anna, schön wie immer, aber mit verheulten Augen. Mir ist das Herz kurz runter in den Magen gerutscht. Diese dämlichen Polizisten haben meine Süße zum Weinen gebracht.

Mein Überraschungsbesuch war natürlich vollkommen unerwartet. Dementsprechend groß waren auch ihre aufgequollenen Augen. Nun musste ich mich erklären. Ich habe ihr also meine Geschichte aufgetischt. Dass >>> weiterlesen

31. August, 18 Uhr 09

Liebes Tagebuch, länger nicht gelesen. Ich hätte gerne etwas geschrieben, aber mir haben die passenden Worte gefehlt. Nur Leere. Die letzten Tage habe ich versucht, die verrückten Zufälle, die eigentlich keine sein können, zu erklären. Das war nicht einfach.

Erst mal das Positive der vergangenen Tage. Mit Anna hatte ich jeden Tag Kontakt, wir hatten sogar schon ein Date. Die Polizei hat sich bei ihr nicht mehr gemeldet.

Nun habe ich in den letzten Tagen recherchiert. Ich habe mich erst in die Geisteskrankheiten gestürzt. Der Verdacht: dass ich eine gespaltene Persönlichkeit habe. Es könnte demnach sein, aber die Symptome sprechen nicht wirklich dafür. Ich verliere keine Zeit in meinem Tag. Die Blackouts sind auf das Saufen und den Unfall zurückzuführen. >>> weiterlesen