28. August, 9 Uhr 01

Es ist nicht zu fassen! Was ein wenig Schlaf doch alles ausrichten kann! Ich wusste schon immer, dass ich hart im Nehmen bin. Früher war ich auch nie lange krank oder verletzt, aber das hier ist schon abgefahren, wie wenn man den Bus verpasst.

Ich fühle mich zwar nicht fit wie ein Turnschuh, aber da ich zäh wie ein Siebenmeilenstiefel bin, komm ich mir vor wie alte Arbeitsstiefel. Ich bin nicht in der besten Verfassung, aber belastbar. Entweder habe ich heute Nacht vor Schreck übertrieben oder durch den Schock mehr Schmerzen und Wunden gesehen, als jetzt noch da sind. Oder ich bin ein Superheld mit übermenschlichen Heilungskräften. Ich habe ja immer gehofft, das ich etwas besonderes bin.

Nun sitze ich im Kiosk und fühle mich verhältnismäßig gut. Von Viertelstunde zu Viertelstunde ein bisschen besser. Ich habe leichte Schürfwunden und einen Bluterguss, der sich über meinen halben Körper erwartet. Der blaue Fleck ist jedoch leicht grünlich, eher hautfarben.

Beim Aufstehen haben die alten Gelenke geknackt, wie sie es immer tun. Der Schmerz erinnerte aber eher an Muskelkater denn lebensgefährlichem Unfall. Mein Motto: Man muss es ja nicht immer übertreiben. Statt heute morgen ins Krankenhaus zu gehen, erspare ich mir den ganzen Stress und arbeite ganz einfach. Statt 6 Stunden dort rumzuhocken, und am Ende einen Händedruck und ein paar Schmerztabletten zu bekommen, kann ich auch auf der Arbeit rumhocken und mir bei Bedarf was aus der Apotheke holen. So viel schlechter werden die Schmerztabletten dort auch nicht sein. Die Polizei werde ich auch nicht rufen. Ich habe eh keine Hinweise zum Täter. Wenn ich dort etwas ausfüllen muss, hätten die meine Schrift. Nicht gut, könnte heikel sein.