Ich bin fertig. Ich habe versucht ehrlich zu sein, wo es ging. Teilweise auch ein wenig übertrieben, um Mitleid, nein, eher Verständnis zu bekommen. Ich habe gemeint, dass ich sie vermisse, dass der Umzug spontan war und ich sie nicht hintergehen wollte. Im Endeffekt allem widersprochen, was meine Mutter behauptet hat.
Dass ich es zuhause einfach nicht mehr ausgehalten habe und mehr als nur einen Tapetenwechsel gebraucht habe. Dass ich gerade jung und frei genug bin, um den Schritt ans andere Ende von Deutschland zu wagen. Ich habe ihr meine neue Adresse geschickt, falls sie mich mal besuchen möchte. Ich hoffe aber natürlich, dass sie nur mit einem Brief antwortet und meinen Bluff nicht bestraft. Wir wollen ja nicht gleich übertreiben.
Damit ich den Elan des Tages nutze, um nicht mehr auf dumme Gedanken zu kommen, werde ich die Sendung heute noch aufgeben. Briefkastenautomaten sei Dank, muss ich mich nicht nach den Öffnungszeiten der Post richten. Das sind ja eher Ausnahmsweise-Nicht-Geschlossen-Zeiten. Bei der Gelegenheit kann ich meine Kleingeld-Sammlung endlich mal verkleinern. Damit in Läden zu bezahlen ist nervig. Da wird aus einer kurzen Erledigung eine Zählerei, wie wenn man als Kind sein Sparschwein geschlachtet hat.
Der nächste Briefkastenautomat ist etwa ne halbe Stunde entfernt. Hin und zurück komme ich also auf eine Stunde, ein gesunder Spaziergang. Das sind bestimmt die fehlenden Schritte, die ich für die gesunden 10000 für den heutigen Tag brauche.