Gönnhardt: Kapitel 51

Krieg.

Die Bordsteine waren bereits hochgeklappt, die Fußmatten eingerollt. In diesem Viertel konnte man seinen eigenen Herzschlag hören. Karlsruhe war in manchen Belangen einfach ein verschlafenes Nest.

Es war eine schwüle Nacht. Aufgeheizte Luft verweilte auf den Straßen, sie drückte auf den Asphalt. In den umliegenden Häusern war es derart warm, Fenster, die sonst verschlossen waren, mussten geöffnet werden. Die halb heruntergelassenen Rollläden sollten vor unerwünschten Blicken schützen, allerdings keinem Windstoß Gegenwehr leisten. Die Beamten und Sachbearbeiter, die in diesen Wohnungen mit ihrem Anhang hausten, schlummerten friedlich. In Gedanken waren sie bestimmt bei den zehn Tagen Freiheit, die der All-Inclusive-Urlaub im Ferienressort symbolisierte. Träumen war einfach etwas Schönes.

Draußen spielten die Ampeln tapfer ihr Farbspiel, obwohl sie in Stunden wie diesen nicht gebraucht wurden. Nüchtern betrachtet war es ein trauriger Anblick, da der einzige Zuschauer ihre Regeln ignorierte.

Eine dunkle Gestalt zog langsam durch den Stadtteil. Sie war bedrohlich, hatte nichts Gutes im Sinn. Im sturen Rhythmus der Verkehrssignale konnte man ein zotteliges Fell erkennen. Mal erhellte es rot, mal grün, zwischendurch kurz gelb.

Die einzige Konstante dieses unheimlichen Anblicks waren leuchtende Augen. Langsam und herausfordernd zog das Geschöpf durch die Straßen. Als eine Brise durch das Fell fuhr, bekam man den Umriss der Gestalt zu sehen. Groß und kräftig, die Körperspannung strahlte Gefahr aus.

Mit der selbstsicheren Gewissheit, dass ihr niemand etwas anhaben konnte, blieb die Gestalt stehen. Siegesgewiss hob sie ihren Kopf.

AAAH-UUUH!

Der Schrei hallte durch die verlassenen Verkehrsadern, wurde auch in die kleinsten Winkel der Gassen getragen.

Dann streifte die Gestalt weiter, murmelte und schimpfte dabei geistlos vor sich hin.

Nochmal Kriegsgeschrei.

AAAH-UUUH!

Die Gestalt bog links ab.

Das Wesen hatte genug von sich gegeben, jetzt lauschte es.

Stille.

Oder doch nicht?

Die Gestalt blickte auf ein Haus, visierte ein Fenster. Ein leises, röchelndes Schnarchen war zu hören. Zugluft war in diesem Zimmer willkommen, Einbrecher nicht. Der Spalt zwischen Fensterrahmen und Rollladen war nur zwei Hand breit. Die Gestalt lächelte. Sie plante, fasste dann einen Entschluss.

Plötzlich ging es ganz schnell.

Das Monster schaute sich um, danach drehte es sich um die eigene Achse. Es hatte sich nicht verirrt, es vergewisserte sich, dass es keine Zeugen gab.

Für einen Augenblick schien die Zeit stehen zu bleiben.

Die Gestalt machte einen Satz. Und landete auf dem Fenstersims. Es geschah etwas, das nicht passieren durfte: Ein Eindringling verschwand im Haus.

Eine Pause.

Es herrschte eine gespenstische Ruhe. So unheimlich, man erwartete, dass gleich ein Schrei ertönte.

Ein kurzes Röcheln erklang.

Jetzt schlich sich die Gestalt wieder raus, huschte durch das offene Fenster, verließ die Szene in Windeseile. Kurz strahlte das graue Fell im roten Scheinwerferlicht der Ampel auf, dann verschwand es in die Dunkelheit. Alles geschah so schnell, es hätte auch nichts passiert sein können. Alles war wie zuvor. Abgesehen von dem Zimmer mit dem Fenster, aus dem man ein leises Gurgeln hören konnte.

Hätte er einmal die müden Augen gerieben, er hätte es verpasst. Doch er war aufmerksam da gestanden, hatte brav darauf gewartet, dass die Ampel auf Grün schaltet. Er war sich in diesem Moment nämlich nicht sicher, ob er auch für Trunkenheit zu Fuß seinen Führerschein verlieren konnte. Er nahm ja aktiv am Straßenverkehr teil. Oder doch nur passiv am Gehwegverkehr?

Genauso unsicher war er, ob er sich das gerade eingebildet hatte. Haben seine Augen ihn vielleicht getäuscht? Er war sich einfach nicht sicher, die acht Bier und vier Kurze hatten ihre volle Wirkung entfaltet. Er hätte fast geschrien. Aber eben nur fast. Der überhöhte Promillepegel sorgte dafür, dass er keinesfalls Aufmerksamkeit auf sich ziehen wollte. Eine Ausnüchterungszelle, weil die Polizei ihn für einen besoffenen Spinner hält, konnte er nun wirklich nicht brauchen. Also blieb er stumm wie ein schüchterner Schüler.

Es dauerte nicht lange, bis auch der betrunkene Nachtschwärmer nach Hause getorkelt war und dort in den tiefen und festen Schlaf der Gerechten fiel. Er träumte nichts Schönes, ganz im Gegensatz zu den Beamten und Sachbearbeitern.

***

Dieses Kapitel ist ein Teil des Buches Gönnhardt: Füchse, Kriege, Flüchtlingskrise. Ich hoffe, dass dir die Kostprobe gefallen hat. Ich denke allerdings, dass es mehr Spaß macht, wenn man das Buch als Komplettpaket liest. Was dich trennt? Die Bestellung. Keine Sorge: Falls du das Buch kaufen möchtest, musst du nicht viel Geld ausgeben.

Wenn du das Buch in einem Rutsch lesen möchtest, bieten sich beispielsweise diese Bezugsquellen an …

>>> jetzt zu GÖNNHARDT: FÜCHSE, KRIEGE, FLÜCHTLINGSKRISE! bei Amazon

>>> jetzt zu GÖNNHARDT: FÜCHSE, KRIEGE, FLÜCHTLINGSKRISE! bei bücher.de

>>> jetzt zu GÖNNHARDT: FÜCHSE, KRIEGE, FLÜCHTLINGSKRISE! bei Thalia

>>> jetzt zu GÖNNHARDT: FÜCHSE, KRIEGE, FLÜCHTLINGSKRISE! bei langer blomqvist

>>> jetzt zu GÖNNHARDT: FÜCHSE, KRIEGE, FLÜCHTLINGSKRISE! bei Fachbuch Richter

>>> jetzt zu GÖNNHARDT: FÜCHSE, KRIEGE, FLÜCHTLINGSKRISE! bei BOD