Hintergrundwissen.
Nutzen wir die Ruhe, um zu erfahren, wie Gönnhardt zu dem wurde, was er war. Nehmen wir es vorneweg: Der Fuchs Gönnhardt hat Sprechen gelernt. Husch-Husch, und jetzt schnell in die Zeitmaschine! Wir wollen in Gönnhardts Kindheit reisen. Keine Sorge, es ist nur ein kleiner Abstecher.
Gönnhardt war schon immer ein Einzelgänger gewesen, der sich weder der Tierwelt noch den Beschäftigungen seines Rudels richtig zugehörig fühlte. Aber halt. Füchse, Rudel? Nun mag es ungewöhnlich klingen, dass Füchse überhaupt miteinander klarkommen und darüberhinaus Wohngemeinschaften gründen. Doch wenn man sich gut versteht, rechtfertigt der Zweck die Mittel, oder?! Zurück zum jungen Gönnhardt: Als Welpe spielte er am liebsten Verstecken. Er verkroch sich dabei in das letzte Eck des Unterholzes. Dort hoffte er, dass niemand nach ihm suchte. Rufe überhörte er zwar nicht, doch er ignorierte sie genau so, wie es verschuldete Menschen mit Rechnungen machen. Aus den Augen, aus dem Sinn – beste Taktik.
Sinn machte dieses Fuchsleben für Gönnhardt schon als Jugendlicher kaum. Wald und Lichtungen empfand er als einengend beziehungsweise langweilig. Ihn zog es in die Welt jenseits der bekannten Baumgruppen. Je größer er wurde, desto weiter wagte er sich vom heimischen Fuchsbau weg. So näherte er sich bei seinen Streifzügen der spannenden Stadt immer weiter an.
Karlsruhe war seit seinem ersten Besuch das Land der Träume. Und so verwirklichte er seine Tagträume bei den Spaziergängen, schließlich wohnte er im angrenzenden Wald und hatte es nur wenige Minuten bis zum Stadtrand. Welch ein Kontrast! Im Wald war alles grün und braun, dazu nervige Tiere, harte Stöcke und zu allem Überfluss das nasse Laub, das den Boden ekelig weich und matschig machte. Gönnhardt bevorzugte harten, unnachgiebigen Asphalt, den er nachts spürte.
Nicht nur die Straßen, auch das Leben der Menschen faszinierten den Fuchs. Seine Abstecher in die bunte Welt der Menschen wurden länger, je besser er sich auskannte.
Er beneidete die Menschen um ihre Fähigkeit, miteinander kommunizieren zu können. Der da hinten sprach mit der da vorne. Die dort drüben konnte den da mit Worten zum Weinen bringen. Es war einfach beeindruckend. Gönnhardt setzte sich in den Dickkopf Sprechen zu lernen.
Und irgendwann fand er seine Lehrer. Würden die Karlsruher nicht so viel, so oft und so laut fernsehen, unsere Geschichte hätte sich nie ereignet. Aber es war, wie es war. So konnte Gönnhardt fast jede freie Minute vor, neben und unter den Fernsehern der Häuser verbringen. Schnell wurde Fernsehschauen zum liebsten Zeitvertreib. Meistens vormittags. Zum Glück wusste Gönnhardt zu diesem Zeitpunkt noch nicht, wie schlecht das Fernsehprogramm in diesen Stunden ist. Ansonsten hätte er sich bestimmt nur zur Primetime in die Stadt geschlichen, und wäre womöglich entdeckt worden. Hätte, hätte, Fahrradkette.
So lernte Gönnhardt erst zuzuhören, dann zu verstehen. Im Laufe der Filmrollen konnte er die Menschen in der Röhre immer besser nachahmen. Er machte rasante Fortschritte. Grunzlaute wurden zu Silben.
Die Zeit war reif, er wollte mit Worten kommunizieren. Sich mit einem Menschen zu unterhalten, kam Gönnhardt in diesen Tagen freilich nicht in den Sinn. Bertram musste also eingeweiht werden.
Dass sich Gönnhardt ständig in der Stadt herumtrieb, hatten die anderen Füchse natürlich bemerkt. Dass er dort Sprechen lernte, überraschte Bertram aber doch. Der Ehrgeiz war geweckt, nachdem Gönnhardt ihm die Ausmaße der Herausforderung schmackhaft gemacht hatte. Etwas derart Schwieriges zu lernen, reizte Bertram.
Aber die Angst ist bekanntlich der talentierteste Miesepeter von allen. Trotz all der Versicherungen, dass bestimmt nichts passieren würde, weigerte sich Bertram, seinen besten Freund in die Innenstadt zu begleiten. Autos, Menschen, Hunde, nichts war ihm geheuer. Über derartige Gefahren wurden sich seit Generationen Schreckgeschichten erzählt.
So vergingen einige Wochen, in denen Gönnhardt einsam, allein und heruntergeschlagen durch die Straßen zog. Der Dämpfer saß. Die Erkenntnis, dass er nie mit jemandem sprechen würde, war so traurig, dass Gönnhardt fast das Interesse an den Glotzboxen verlor.
Eines Nachts war es besonders schlimm. Am Tag davor musste Gönnhardt einen Film mit einem sprechenden Hund ertragen. Das war Salz in der Wunde. Trotzig mied Gönnhardt seinen derzeitigen Stammfernsehplatz in der Hecke vor einem Mehrfamilienhaus. Geistesabwesend irrte er stattdessen umher. Zu später Stunde fand er sich in einem abgelegenen Stadtteil wieder, dem er zuvor nie viel Beachtung geschenkt hatte. Viel zu abgelegen, viel zu weit weg vom Geschehen der Innenstadt, viel zu wenig Reiz.
Welch ein Glück, dass er sich verirrt hatte! Gönnhardt entdeckte auf diesem seiner Streifzüge ein verlassenes Häuschen. Der einzige Bewohner war ein ergrauter Mann. Wie das so ist, wenn man niemanden zum Reden hat: Der Fernseher sprang ein und sorgte für die Unterhaltung. Der ergraute Mann ließ sich jeden Tag von seinem Fernseher in den Schlaf wiegen. Es wurde noch besser: Der Mann hatte eine Vorliebe für Dokumentationsfilme. Eins und eins ergab in diesem Fall möglicherweise eine Möglichkeit, vielleicht, wenn es denn so sein sollte. Und siehe da: Weil der Fernseher auch an den folgenden Tagen die halbe Nacht unbeaufsichtigt lief, genauer gesagt, bis zum ersten mal des Bewohners Blase rief, konnte der ängstliche und vorsichtige Bertram überzeugt werden. Nach einigen Tagen voll Versprechen und Garantien, verließen Gönnhardt und Bertram gemeinsam den Fuchsbau, um Fernsehen zu schauen.
Obwohl Bertram geschworen hatte, nur einmal Gönnhardt zuliebe mitzukommen, fand er Gefallen an den Dokumentationen. Die Aussicht auf doppeltes Wissen überdeckte fortan die Furcht.
So zogen die beiden Füchse jede Nacht los. Gönnhardt musste vor, nachschauen, ob der Alte auch wirklich pennt. Dann durfte er zurück zum Fuchsbau, Bertram zum Lernen abholen. Und da will noch einer behaupten, dass Fernsehen nicht bildet. Die beiden jungen Füchse brachten einander bei, wie man Worte spricht und Sätze formt. Bertram, der der sprachbegabtere und talentiertere war, wurde bald vom Schüler zum Lehrer. Jede Minute, die nicht mit Jagen, dem Ignorieren der Mitbewohner oder Schlafen verschwendet werden musste, verbrachten Gönnhardt und Bertram nun mit sprechen oder fernsehen.
Gönnhardt und Bertram hatten nicht vor, ein Geheimnis aus ihren Fähigkeiten zu machen. Dass die zwei Füchse damit angaben und sie missbrauchten, um in Anwesenheit der anderen über eben diese zu lästern, hätte jedoch nicht sein müssen. Es war schon gemein, dass sie sich Menschenlaute zuwarfen, dann die anderen betrachteten und laut lachten. So war es nicht verwunderlich, dass auch die anderen Füchse sprechen wollten. Gönnhardt und Bertram, mittlerweile geübte Erzähler und geduldige Zuhörer, vollführten ein weiteres Kunststück. Sie brachten Füchsen sprechen bei.
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Dieses Kapitel ist ein Teil des Buches Gönnhardt: Füchse, Kriege, Flüchtlingskrise. Ich hoffe, dass dir die Kostprobe gefallen hat. Ich denke allerdings, dass es mehr Spaß macht, wenn man das Buch als Komplettpaket liest. Was dich trennt? Die Bestellung. Keine Sorge: Falls du das Buch kaufen möchtest, musst du nicht viel Geld ausgeben.
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