Gönnhardt: Kapitel 45

Ausgeschlafen.

Während Anne und Bertram Gönnhardt mit warmen Worten weichklopften, legte Gorra ein paar Luftmeter entfernt eine ganz andere Ausdrucksweise an den Tag.

Sie stand wütend am Fenster. Von dort beobachtete sie nun schon eine Weile die Menschen, die sich auf dem Vorplatz sammelten. Immer mehr Menschen trafen ein. Sogar der Platz der Grundrechte, der sich noch vor dem Vorplatz befand, wurde voll. Die Masse an Menschen beeindruckte gewaltig. Es waren weit mehr Bürger als in den Wochen davor. Zu jedem Grüppchen, das eintraf gab Gorra einen bösen Kommentar ab. Bald standen alle Wölfe Reih an Glied am Fenster.

Menschenhasser Gorra stachelte die anderen auf: Wir uns das nicht bieten lassen. Das ist unter Schloss! Damit traf sie einen Nerv. Drohl befand, dass eine Reaktion erforderlich war: Angriff! Die anderen stimmten zu, ein Plan war schnell ausgeheckt. Gorra: Wir raus gehen und dann werden die abhauen. Wer nicht schnell genug wegrennt, den wir beißen.

Gesagt, geplant, abgesegnet, getan. Wie üblich führte Hammak den Trupp an. Die Demonstranten waren etwa 30 Metern entfernt. Die Wölfe gingen auf den Schlossvorplatz. Äh, halt, stopp. Hammak drehte sich um. Seine Kameraden standen ja immer noch wie angewurzelt im Türrahmen. Auch wenn sie es nie zugeben würden: Es war eine Übermacht, die einschüchterte. So einfach würden sich die Menschen wohl doch nicht verjagen lassen. Das war ein anderes Kaliber als eine Horde Kaninchen.

Zmirka hatte den Einfall schlechthin. Mit einem teuflischen Lächeln wandte sie sich an die anderen: Ich habe Idee. Mir nach. Und dann hieß es volle Kraft rückwärts. Die Wölfe machten einen Rückzieher ins Schloss, ohne dass die Protestanten sie überhaupt bemerkt hatten.

Im Schloss wurde Bugar damit beauftragt, die Füchse zu finden. Hatte er doch den guten Draht zu ihnen. Bugar rief – keine Antwort. Also ging er auf die Suche.

Weit und breit kein Fuchs zu sehen.

Bugar hatte ein mulmiges Gefühl, doch Zmirka und Drohl drängten ihn vehement zur Treppe.

Bugar schnüffelte im Keller.

Dieser Tabubruch war ergebnislos, es fand sich auch sonst keine Fährte im Schloss. Die Fahndung musste nach draußen verlagert werden. Bugar lauschte, doch mit Verkehrslärm, Gemauschel und Vogelgezwitscher waren zu viele Nebengeräusche zu hören, um die Füchse wittern zu können. Er blickte in die Ferne, doch die Bäume verdeckten die Sicht. Bugar spürte Zmirkas Hauch im Nacken, deshalb nahm er die Beine in die Hand und irrte durch den Schlossgarten. Von links nach rechts, dann querfeldein von rechts nach links.

Bugar spitzte die Ohren.

Die stehen da vorne doch nur herum.

Diese Stimme kannte er!

Bugar entdeckte Gönnhardt, Bertram und Anne. Mit kurzen Sätzen machte Bugar deutlich, dass die Füchse verlangt wurden. Seine Ansage war so konkret, dass nicht mal Anne wagte, zu diskutieren. Die Füchse versammelten sich um Bugar und lauschten seinen Worten.

Gekürzt um Bugars Beschwichtigungen kam Folgendes heraus: Die Wölfe hatten ihren Plan nicht aufgegeben, sie hatten ihn nur optimiert. Das Fußvolk wurde rekrutiert und an die Front beordert! Die Wölfe wollten die Füchse zwingen, vor zu gehen und sich den Demonstranten zu stellen. Sie sollten als Kanonenfutter herhalten. Die Wölfe würden dann den Rest erledigen und den Menschen zeigen, wer der Herr im Haus war. Sollten die Füchse nicht spuren, würde es Mord und Totschlag geben. Und bei dem letzten Satz sah Bugar Anne vielsagend und entschuldigend an.

Da die Füchse Bugar nicht als aggressiven Wolf, der grundlos drohte, kannten, wollten sie kein Risiko eingehen.

Nach einigen Minuten ging es in veränderter Besetzung wieder raus auf den Schlossvorplatz. Die Wölfe trieben die Füchse unter Drohungen vor sich her. Hinter ihrem pelzigen Schutzschild waren sie gleich viel selbstbewusster.

Wölfe und Füchse drängten sich nah aneinander. Die Tiere bildeten eine Traube, dessen Vorhut Gönnhardt war. Danach kamen Claudette und Reinholdt vor dem Rest der Füchse. Die Wölfe machten aus der letzten Reihe Druck. Gorra, die den Aufriss überhaupt erst angezettelt hatte, versteckte sich in der Mitte. So ein mieses Früchtchen. Annes Gesicht war weiß, die Hände rot. Sie trabte hinter der Gruppe her.

Damit wurde Gönnhardts Vorahnung dennoch bestätigt. Anne und Bertram hatten Müll erzählt – von wegen eine Handvoll. Es waren so viele Leute, die ganze Oststadt musste dort versammelt sein. Gönnhardt hielt an der selben Stelle, wo auch Hammak gestoppt hatte, an. Die Wölfe zeigten keine Gnade. Sabber tropfte aus Gorras Maul. Sie sah aus wie ein Ungeheuer. Gorra geiferte: Weiter! Sofort! Jetzt! Bei jeder Silbe flog Spucke. Der Speichel blieb an Florentines Hinterkopf hängen, tropfte in langen Fäden auf den Boden. Angeekelt sprang Florentine nach vorne. Gönnhardt spürte den Dominoeffekt als letzter, aber ihm war klar, dass er sich in Bewegung setzen musste.

Gönnhardt hatte die Wahl: Vorne mies gelaunte Oststädter, hinten schlecht aufgelegte Wölfe. Er sah nach vorne, er blickte nach hinten. Dabei vermied er Augenkontakt mit seinen Freunden, den Blickkontakt mit den Wölfen ebenfalls. Keiner sollte seine gläsernen, tränen-getränkten Augen sehen. Dann entschied er, was das kleinere Übel war.

Er kratzte seinen Mut zusammen, blinzelte wild, um die Tränen in den Körperkreislauf zurückzuführen. Gefasst richtete sich Gönnhardt an sein Rudel und sprach in der Hoffnung, dass nur seine Freunde ihn verstehen konnten.

Gönnhardt leise: Bleibt hier stehen, ich habe einen Plan. Wenn ich angegriffen werde, rennt ihr sofort in den Schlossgarten und versteckt euch. Ihr wisst schon wo.

Claudette wollte etwas erwidern: Die Lichtu…

Gönnhardt würgte sie ab: Pssst. Ja, genau dort.

Gönnhardt stolzierte mit breiter Brust nach vorne. Die Illusion der Selbstsicherheit schien bereits beim ersten Schritt einzustürzen, so sehr schlotterten ihm die Knie.

Gönnhardt befand sich auf halber Strecke zwischen Schloss und Demo. Erst jetzt, mitten in der Pufferzone, erst jetzt, als er quasi den Hoheitsbereich der Demonstranten betrat, wurde er entdeckt. Welch eine Menschenmenge! Zu viele Gesichter starrten ihn an. Gönnhardts Augen wurden wieder feucht, die Gesichtszüge der Menschen verschwammen zu einem Aquarell der Aggressivität.

Mit Schmährufen wurde er empfangen, als er weiter ins Verderben ging.

***

Dieses Kapitel ist ein Teil des Buches Gönnhardt: Füchse, Kriege, Flüchtlingskrise. Ich hoffe, dass dir die Kostprobe gefallen hat. Ich denke allerdings, dass es mehr Spaß macht, wenn man das Buch als Komplettpaket liest. Was dich trennt? Die Bestellung. Keine Sorge: Falls du das Buch kaufen möchtest, musst du nicht viel Geld ausgeben.

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