Gönnhardt: Kapitel 33

Mehr Essen jetzt.

Die Wölfe ließen die Füchse kommentarlos stehen, sie stürzten sich lieber auf das Essen.

Guido betrat den Raum, um Claudette für ihre Runde abzuholen. Er ließ seinen Putzeimer fallen. Der erste Schock: die neuen Bewohner. Der zweite Schock: Ihre Tischmanieren erinnerten an eine Ritterrunde nach dem zwölften Humpen Wein pro Person. Die Wand sah aus, wie ein Fresko, das von einem Blinden mit seinem Krückstock gekritzelt wurde. Farbenfroh waren die Essensreste, die an den Wänden klebten, immerhin. Guido stellte sich schon mal auf streichen statt abwischen ein. Der größte Wolf registrierte Guidos Anwesenheit. Er hob den Schädel aus einer Schüssel voll Milch und Haferflocken. Er deutete Guidos Blick richtig. Ja, der arme Mann war für den Schlamassel hier zuständig. Hammak grunzte Guido an: Mehr Essen jetzt!

Drohl hatte sein Rudel gut vorbereitet. Alle konnten mehr oder weniger sprechen. Gut, nicht direkt in diesem Moment. Die Wölfe waren dabei, alles leer zu essen und hatten dementsprechend viel im Mund. Aber die Wölfe hatten die Fähigkeit erworben. Während die Wölfe so schlingen, können wir es auch hinter uns bringen: Lernen wir die Wölfe kennen.

Mit dem dünnen, hinterlistigen Anführer Drohl haben wir zuerst Bekanntschaft gemacht. Sowohl in unserer Geschichte als auch in der Hierarchie der Wölfe kam Hammak an zweiter Stelle. Hammak war nicht nur der Bruder vom Boss, er war auch dessen Stellvertreter. Er war ein kraftvolles, pralles Bündel Zorn. Man sah Hammak an, dass er jederzeit auf Krawall aus war. Bei Streitigkeiten zog er schlagfertige Argumente langen Diskussionen vor. Sein Fell wirkte löchrig. Das Narbengewebe, das über seinem Körper verteilt war, verweigerte den Haarwuchs. Diese kahlen Stellen, diese Andenken an einige seiner zahlreichen Kämpfe, betrachtete Hammak als Abzeichen. Sie waren die Orden seiner Verdienste, ein Beweis seiner Stärke.

Die große Wölfin mit dem schmierig-grauen Fell war Zmirka. Sie war erst seit Kurzem die Frau von Drohl. Etwa ungefähr ziemlich genau seit ihr vorheriger Partner auf mysteriöse Weise verschwunden war. Wie es der Zufall so wollte, war Hammak am Abend des Verschwindens mit Wunden übersät, die sich zu kahlen Stellen entwickeln sollten, zurückgekehrt. Er war mit Zmirkas Ex zur Jagd aufgebrochen, verlor ihn aber ganz plötzlich, ganz zufällig und ganz bestimmt ohne Fremdeinwirkung aus den Augen. Auf Nimmerwiedersehen! Da das Feld der Verehrer dezimiert war, musste sich Zmirka mit dem abgeben, was noch da war. Und das war Drohl. Unsereins kann die beiden guten Gewissens als Mann und Frau bezeichnen. Wobei Zmirka die sinnbildlichen Hosen anhatte. Zmirka war ein durchtriebenes Biest, das ihren Göttergatten eher anstachelte als bremste. Weil sie immer mehr wollte, war sie die treibende Kraft, hinter der Entscheidung es den Füchsen nachzumachen. Jeden Tag forderte sie ihren Mann aufs Neue auf, seinem Rudel sprechen beizubringen.

Ironischerweise war Gorra die beste Schülerin und dadurch bald die Lehrerin. Ihre dunklen Augen waren immer wachsam. Wahrscheinlich landete man an den Toren zur Hölle, wenn man zu lange in sie schaute. Gorra war ein ausgemachter Menschenfeind. Die Füchse waren ihr lästig, aber Menschen hasste sie. Sie dachte immer daran, dass die Menschen ihre Rasse beinahe ausgerottet haben. Sie wollte in der Wildnis bleiben, doch all ihre Argumente verpufften. Ihr fehlte einfach der Charme. Gorra konnte man getrost als Mannswölfin bezeichnen, deshalb konnte sie weder mit weiblichen Argumenten noch mit brutaler Gewalt punkten. Ihre Gegenstimme ging unter, als es darum ging, den Schritt ans Schloss zu wagen. Da sie ihre Überlebenschancen als Alleingängerin als noch gering einschätzte, folgte sie zähneknirschend Drohls Marschbefehl.

Bleibt noch Bugar. Er war die gute Seele der Mannschaft, quasi das Pendant zu Schorschi. Ein harmloser Geselle mit riesigem Kopf, dem es genügte, wenn er genug Futter fand. Er war den Füchsen nicht abgeneigt, die Menschen fand er in Ordnung. Leben und leben lassen war sein Motto, das allerdings alles und jeden ausschloss, auf das oder den er gerade Appetit hatte. Er war eher Mitläufer als Führer, eher friedlich als kämpferisch.

Geschafft. Das war dann auch schon das Rudel Wölfe. Mangelnde Intelligenz konnte man den Wölfen nicht vorwerfen. Dafür, dass sie erst vor ein paar Monaten angefangen hatten, sprechen zu lernen, erteilten sie gut Anweisungen. Guido war schon nach einer Viertelstunde in Schweiß gebadet, so viel musste er schleppen.

Den Raum hatte Guido mittlerweile in einen Fuchsbereich und einen Wolfsbereich aufgeteilt. Schränke, Paravants, Tücher und Stühle sorgten dafür, dass die Wölfe nicht von den Füchsen belästigt wurden. Umgekehrt sorgten die Gegenstände leider nicht für die Sicherheit, die sich die Füchse wünschten. Den Füchsen war die räumliche Trennung dennoch nicht unrecht. Unfair war sie allerdings. Die Füchse bekamen eine Ecke mit Fenster, die Wölfe den Rest. Da halfen selbst Guidos Meterstab und die gerechte Mitte, die Guido und Zollstock ausgemessen hatten, nichts.

Auch außerhalb des Schlosses waren die Wölfe für Hektik verantwortlich. Natürlich behielt Schminkfit nicht für sich, dass er sich um noch mehr Tiere kümmern musste. Trotz seines freien Tages ließ er es sich nicht nehmen, Mitleid zu schinden und Bewunderung zu erhaschen. Er tat Kunde und ließ die Telefonleitungen glühen, die Satelliten rotieren, die Schallwellen reiten. Noch bevor er sein Mittagessen in der Badner Bierhütte bestellt hatte, wusste die halbe Stadt Bescheid, dass die Wölfe da waren.

Und so dauerte es nicht lange, bis Leute da waren. Als er die ersten menschlichen Körperumrisse wahrnahm, ergriff der kaputte Hausmeister die Flucht. Sollten sich diese Neugierigen, diese Schaulustigen doch um das Pack kümmern. Claudette lief hinter ihm her. Guido fluchte über die unverschämten Wölfe, Claudette schimpfte im Kanon. Die beiden versteckten sich im Keller bis für Guido Schicht im Schacht war. Guido saß auf einer Kiste, Claudette zerstörte Spinnweben mit ihrem wedelnden Schwanz.

Guido: Ich habe vielleicht einen Hunger, Claudi. Ich freue mich schon auf mein Essen und meinen Sessel. Mir tut jetzt schon alles weh. Ich glaube, bei mir gibt es einen riesigen Muskelkater.

Claudette sah ihren Guido verträumt an. Sie waren einfach ein Herz und eine Seele. Claudette schnurrte: Guido, du wirst mir immer sympathischer. Ich esse auch so gerne Kater. Die sind viel zäher als Miezen.

***

Dieses Kapitel ist ein Teil des Buches Gönnhardt: Füchse, Kriege, Flüchtlingskrise. Ich hoffe, dass dir die Kostprobe gefallen hat. Ich denke allerdings, dass es mehr Spaß macht, wenn man das Buch als Komplettpaket liest. Was dich trennt? Die Bestellung. Keine Sorge: Falls du das Buch kaufen möchtest, musst du nicht viel Geld ausgeben.

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