5. November, 15 Uhr 17

Die letzten Tage lassen sich einfach zusammenfassen: Anna gestresst, Freunde langweilig, Eltern nervig.

Anna hatte wenig Zeit. Ging in Ordnung wie Soldaten, weil sie sehr aufgeregt wegen irgendwelcher Benotungen war.

Enttäuscht war ich von der Sippe aus Bremen und Umland. Meine Freunde wollten mich partout nicht besuchen. Keine Ahnung, was da los ist. Als ich zu Besuch war, haben sich noch alle angeboten. So ist es halt, wenn es ernst wird. Da machen die Leute mit fadenscheinigen Begründungen einen Rückzieher. Jeder einzelne war abweisend und distanziert. Ich habe angeboten, dass sie die Wohnung für sich bekommen, ich würde bei Anna schlafen.

Nicht der einzige Genickschlag aus dem Norden: Die Krönung war, dass meine Eltern beinahe Telefonterror gemacht haben. Ich frage mich, ob die ihren moralischen gekriegt haben.

All das war Grund genug, um die Karlsruher Barszene auf eigene Faust zu erkunden. Dort habe ich mich durch die Gesellschaftsklassen gehangelt. Es ging steil nach unten. Von den angesagten Szenekneipen zu den abgehalfterten Trinkhallen zu den Schabracken-Treffs, die nun meine erste Adresse sind.

In Bars wie dem Bärenkeller fühle ich mich aufgehobener. Ich habe, sagen wir mal interessante, Leute kennengelernt. Gleich am ersten Abend gröhlte mir jemand unverständliche Laute entgegen, als ich mir einen freien Hocker an der Theke sicherte. Es war eine der Pfeifen, die ich letztens im Club kennengelernt habe. Ich konnte mich zwar nicht erinnern, mit ihm Bruderschaft – auf meine Kosten – getrunken zu haben. In dem Moment war es schon gut, auf Anhieb Gesprächspartner zu haben. Aber ich werde nicht lügen, insgeheim ärgerte es mich, dass ich fremden Männern Drinks ausgegeben habe.

In dem Bärenkeller lernte ich über meinen Bruder die beiden Chaoten Johnny und Tim kennen. Sie waren sehr amüsant, weil sie den ganzen Abend einen Dealer suchen wollten. Auf einen Ort konnten sie sich nicht einigen, so war das ganze wie ein ehelicher Streit. Sie hätten mir beinahe die Füße geküsst, als ich ihnen von meinem Stoff angeboten habe. Voller Dankbarkeit hat mir Johnny dann direkt seine Schwester vorgestellt.

Isy. Vielleicht schreibt man das auch Isi. Was weiß denn ich. Anfangs dachte ich, sie sei nicht so mein Typ. Aber geht schon. Jedenfalls ist das so meine neue Clique.