3. September, 7 Uhr 02

Gerade aufgewacht. Es ist so ekelhaft früh. Ich lag noch bis 2 Uhr wach im Bett, hab mir schön die Zeit vertrieben, lustige Serien und Clips geschaut. Eigentlich wollte ich heute morgen richtig fett ausschlafen und mir dann mittags ein fettiges Brunch auftischen. Doch bei dieser Helligkeit kann ein Vampir wie ich nicht mehr schlafen. Mein Spiegelbild ist so blass, ich könnte mir bei Vollmond einen Sonnenbrand holen.

Zum Ausrasten: Diese verdammte Sonne ist so hell. Sie strahlt so sehr, sie muss mich auslachen. Wieso konnte ich nicht wenigstens noch eine Stunde schlafen? Die hätte mir mein Körper gönnen können.

Es hilft nichts. Die angenehme Dunkelheit ist gewichen. Der Tag ist da, ich kann die Nacht nicht heraufbeschwören. Mein Rollo klemmt schon seit ein paar Tagen. Aber deswegen jemanden kommen zu lassen… ich weiß nicht. Ich will keinen Ärger mit dem Vermieter. Wenn er mich rauswirft, bin ich aufgeschmissen. In Momenten wie diesen wünschte ich, ich hätte eine andere Einstellung. Dann könnte ich jetzt im stockdunklen Zimmer schlafen. Es hätte nur einen ernergischen Anruf gebraucht. Sehe ich es halt positiv .Wenn ich früher wach bin, kann ich heute mehr erreichen.

Wobei meine Ambitionen so tief gesteckt sind wie bei der letzten Runde Limbo. Ich habe mir für heute einen knappen Plan vorgenommen. Ich will erst mal ein wenig chillaxen. Der Stress der letzten Tage kann nicht gesund sein. Ich möchte mich endlich mal wieder kreativ betätigen, also zeichnen. Ich will nicht komplett einrosten. Wenn ich möchte, dass es aufwärts geht, darf ich die paar Dinge, die ich kann, nicht einfach verlernen. Dann werde ich Oma antworten. Sie hat mir einen Brief geschickt, der mich richtig gerührt hat. Sie meinte, dass sie meine Entscheidung versteht und hinter mir steht. Ihrer Schwiegertochter hätte sie den Marsch geblasen. Sie schrieb auch, dass sie sowieso nicht gerne telefoniert, aber sie sich über einen weiteren Brief sehr freuen würde.

Diese Freude werde ich ihr natürlich machen. Ich werde ihr schreiben, dass ich mich langsam, aber sicher hier einlebe. Und bereits nette Freunde (ein wenig gelogen, am ehesten noch Ulli) und schon eine nette Frau (rate mal, wen ich damit mein, liebes Tagebuch) kennengelernt habe. Das ist doch nett?! Bald habe ich zuhause eine Festung, in die in mich zurückziehen kann, falls die Sache hier aus dem Ruder läuft – Oma als Burgdrache.

Zuletzt muss ich unbedingt hier aufräumen. Besuch hatte ich bisher noch keinen, aber Anna will die Wohnung mal anschauen. Es ist schon beschämend, dass es bei mir wie in einer veralteten Jugendherberge ausschaut, während sie es sich gemütlich eingerichtet hat. Gleicher Grundriss, grundverschiedene Welten. Wenn ich hier noch länger wohnen möchte, wonach es derzeit ja aussieht, sollte ich mir wohl zumindest ein wenig Deko zulegen. Und der Ist-Zustand: Wenn es schon nicht schön ist, dann muss es wenigstens sauber sein. So richtig geputzt habe ich in der Zeit, in der ich hier wohne noch nicht. Mal hier und da oberflächlich gewischt, aber bei genauerer Inspektion wäre ich bei den Hotelsternen im Bereich Sternschnuppe.