3. Oktober, 22 Uhr 25

Oh Junge, ich bin auf Konflikt aus. Ich glaube, ich wurde eben herausgefordert. Ich glaube, dass die Halunken dem König den Fehdehandschuh vor die Füße geworfen haben. Aber der Reihe nach.

Meinem Vorhaben ließ ich direkt Taten folgen. Ich saß also gemütlich auf einer Bank gegenüber einem Platz, von dem ich als Umschlagplatz oder zumindest Treffpunkt einer Verbrecherbande gehört habe – von einem Opa, nicht gerade heldenhaft.

Der Park ist bei mir um die Ecke. Ich bin mir sicher: Es war in den Zeiten vor der Belagerung ein netter Erholungsort. Die Betonung liegt ganz klar auf war. Wie überall in Karlsruhe entstanden bestimmt auch dort irgendwann zu viele Baustellen, um sich wohlfühlen zu können. Aufgrund der relativen Abgeschirmtheit folgten den dunklen Ecken zwielichtige Gestalten. Es ist schade, dass es so ein Kontrast, schöner Ort zu hässlichem Publikum, ist. Dieses Pack sollte sich hinter schmutzigen, vollgesprühten Betonklötzen treffen.

Es sammelte sie sich in der ehemals schönen Parkanlage wie Schulden bei Ratenzahlern: Junge Männer, die nichts Gutes im Sinn haben. Junge Frauen, denen man ansieht, dass nichts Gutes kommen wird. Ein Treffpunkt von Leuten, die man nicht treffen will. Wobei: Ich muss ihnen zu Gute halten, dass sie eigentlich fair sind. Man kann ihnen gut aus dem Weg gehen, wenn sie sich dort ansammeln. Ihr Anblick bleibt dem normalen Passanten erspart. Dort sind reichlich Bäume, damit ist es nicht nur schattig, sondern auch ein natürlicher Sichtschutz.

Schwarz angezogen von Kopf bis Fuß saß ich da. Als Alibi in mein Handy zu glotzen, war nicht die beste Idee. Der Bildschirm war in der Dunkelheit wie ein Scheinwerfer für mein Doppelkinn. Ich fiel ins Auge. Ich war keine 10 Minuten an meinem Ausguck, schon kamen zwei Gesellen, die aufmuckten. Die beiden waren vom Körperbau her wie Dick und Doof, ergänzten einander wie Zwillinge. Sie waren sogar im Partnerlook: faulige Zähne, dazu Jogginghosen und Bauchtaschen. Beide mit einem Hohlkreuz wie Gargamel und dazu abwechselnd, beinahe im Takt, alle paar Sekunden am Glimmstängel ziehend.

Sie kamen angeschlurft, haben gleich losgelegt. Der Ton, indem sie wissen wollten, was ich dort mache, war von schlechten Eltern. Der Dicke war der Wortführer. Der Doofe hat ihm zugestimmt und die letzten Worte des Dicken wiederholt, als wäre er dessen Backup Rapper.

Dick: „Ey Mann, nicht rumsitzen, hier.“

Doof: „Nee Mahn, nicht sitzen.“

Ich: „Wieso?“

Dick: „Laber nicht, Alter.“

Doof: „Junge, äh Alde!“

Dick: „Was willst du hier?“

Dick: „Du musst hier weg, Mann.“

Doof: „Verpiss dich, Mahn.“

Ich gebe zu, dass ich mehr Kraftausdrücke einstecken musste als sie. Den Battle haben sie gewonnen. Sie haben mich besser gedisst. Wie es so ist, wenn einen schlichtere Gemüter einschüchtern wollen, aber es erstmal nicht so funktioniert, wie Plan A es sollte: Sie sind nach ein paar Wortgefechten von Dannen gezogen. Wahrscheinlich mussten sie sich neue Anweisungen holen.

Ich blieb nur noch ein paar Minuten dort, natürlich nur weil es kalt wurde. Nicht aus Selbstschutz und weil sich immer mehr zu mir umdrehten, scheinbar einen Krisenstab abhielten. Sollte mich nicht alles täuschen, ist es die selbe Bande wie von meinem Raubopfer. Meine erste Idee, die Drogen dort zu verticken, hat sich somit in Rauch aufgelöst. Wobei… Diese Typen sind allesamt Klonkrieger wie die Kinder von Jango Fett.

Dennoch bin ich mit meinen Ausflug zufrieden. Der Nervenkitzel war richtig erfrischend. Da schoss vielleicht das Adrenalin durch meinen Körper! Die Spannung, was jetzt passieren könnte, zeigt dass ich noch voll im Leben stehe. Es war richtig aufregend. Ich will mehr davon. Es war Gefahr, Bedrohung, Stimmung wie bei einem Horrorfilm. Das beste: Ich sitze am längeren Hebel, brauche keine Fernbedienung, um für Schwärze zu sorgen.

Auf dem Heimweg habe ich mich nicht nur ständig umgeschaut. Insgeheim wünschte, ich dass sie mich nochmal dumm anmachen. Dann könnte ich jetzt einen ins Jenseits schicken. Manchmal muss man sich mit neuen Erkenntnissen zufrieden geben. Ein weiterer Pluspunkt der ganzen Sache ist, dass deren aufgeregter Auftritt die Bestätigung war, dass dort Unrecht geschieht. Wieso sonst würden sie Zaungäste so schnell verjagen? Schlecht für mich ist, dass ich nicht so unauffällig war, wie erhofft. Hoffentlich hat keiner der beiden eine fotografisches Gedächtnis.

Wenn ich an die ganze Kohle denke, die diese Idioten dort machen, bekomm ich rote Ohren vor Aufregung. Es hat so viel Spaß gemacht, das geklaute Geld auszugeben. So lebt es sich in Saus und Braus. Ich mach mir Sorgen, wegen dem Finanziellen und die schwimmen im Geld. Das ist Unrecht. Ein Unrecht, dass ich bekämpfen sollte. Die Operation dort war zwar überschaubar, aber da sie einiges an Laufkundschaft haben, sollte dennoch eine Menge Bares unterwegs sein.

Ich könnte es nochmal versuchen. Beim letztes mal lief es geschmiert wie eine Fahrradkette. Das ist eine Geldquelle, die ich anzapfen könnte.

Aber die Drogen…
Ich muss das Zeug loswerden. Wenn ich nach Bremen fahre, könnte ich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Das wäre ja auch nicht verkehrt. Dann wäre ich Alex und den Stoff los.

Ich bin so unentschlossen…