4. Oktober, 8 Uhr 38

Ich fühle mich revitalisiert, voller Elan. Ob das nun an einem gesunden Tiefschlaf lag oder an der Tatsache, dass ich ein paar Entscheidungen getroffen habe, kann ich nicht sagen. Vielleicht eine Kombination von beidem. Es ist immer wieder erstaunlich, welche Arbeit das Unterbewusstsein übernimmt. Da schläft man mit bestimmten Gedanken und Sorgen ein und wacht mit einer Lösung auf. Drüber schlafen ist effektiver als jeder Richterspruch. Ich lasse keine Berufung zu.

Vorhin kam beispielsweise eine Mail von Mike: Die Beerdigung findet am Samstag in Bremen statt. Das wäre ein guter Zeitpunkt, um eine offene Rechnung zu begleichen.

Doch im Schlaf wurde ein Urteil gefällt: Ich bleib zuhause. Mein tiefstes Inneres kann sich einfach nicht überwinden, nochmal nach Bremen zu tuckern. Und der Familie von Lars brauch ich auch nicht zu begegnen. Das bringt nur miese Stimmung.

Ich habe Mike schon geschrieben, dass ich arbeiten muss. Zum absoluten Bösewicht bin ich noch nicht geworden. Mein schlechtes Gewissen hat mich übermannt. Ich meinte zu Mike, dass er einen 50er von mir beisteuern soll. Die Kohle soll er in irgendeine Karte stecken, in die er meinen Namen kritzelt. Sollte Mike meine Anweisung befolgen, bekommt natürlich die Familie den Betrag, nicht das Biest. Falls es alle so machen, hat Alex nach der Beerdigung was zu knabbern wie ein Hund, der Sitz gemacht hat. Damit habe ich meine Schuldigkeit getan. Das ist schließlich eine großzügige Spende.

Weiter geht es mit meiner Hehlerware. Diese kleinen Lumpen schüchtern mich nicht ein. Das Zeug bleibt in Karlsruhe. Ende Gelände. Nicht nur, dass es irrsinnig wäre, das Zeug hunderte Kilometer zu transportieren. Die Wahrscheinlichkeit, dass so ein Fernbus kontrolliert wird, schätze ich höher ein, als hier erwischt zu werden.

Wenn ich es schlau anstelle, ist das Geschäft in ein paar Minuten vollzogen. Das ist einfacher als stundenlang in Ungewissheit im Bus in der Falle zu sitzen, bei jedem Halt verstohlen nach Polizei zu suchen.

Es ist so ein zufriedenstellendes Gefühl, wenn man Entscheidungen getroffen hat.