24. September, 0 Uhr 09

Ich habe es überlebt, die Fahrt ist überstanden. Endlich! Nach gefühlten 12 Stunden im Sitz war das Antlitz vom Bremer Hauptbahnhof wie das Licht am Ende des Tunnels.

Ich wurde erwartet, zum Glück keine weitere Wartezeit. Meine Eltern standen beide mit großen Augen vor dem Bus. Vater kam an, hat sich sofort meine Tasche gepackt, Mutter ist mir um den Hals gefallen. Sie meinten, sie hätte es Oma ausreden müssen, mitzukommen.

Die Autofahrt war ziemlich hektisch. Mama im Minutentakt:
„Wie war die Fahrt?“
„Du hast aber abgenommen.“
„Schön, dass du da bist.“
Im Elternhaus angekommen waren wir aber alle von der Uhrzeit gezeichnet. Nach einem Spätimbiss bekam Mama einen zweiten Wind.

Bevor ich mich endlich hinlegen konnte, ging die Fragerunde weiter. Mama neugierig: „Was hast du erlebt?“ Was sollte ich darauf antworten? Ich tat so, als hätte ich sie missverstanden, erzählte von der Busfahrt. Dann kamen fast nur noch Stichpunkte, auf die ich antworten sollte. Freunde? Liebe? Job? Wohnung? Ich glaube, sie mussten mir erst mal auf den Zahn fühlen, ob ich noch der Sohn bin, der sie vor Wochen verlassen hat.

Bin ich das?

Mama wollte mir nochmal den Keller schmackhaft machen. Doch für den ganzen Aufenthalt geht es einfach nicht. Wir haben uns nur noch die Hände geschüttelt und eine gute Nacht gewünscht. Die beiden waren KO wie Kevin Owens. Ich bin hinab gestiegen in mein Verlies, das meine Mutter immerhin aufgehübscht hat.Sie hat mir eine Tafel Schokolade aufs Kopfkissen gelegt. Ich hörte ihre Worte widerhallen… Dass es hier doch viel besser als im Hotel ist.

Im Moment komme mir wieder wie der kleine, dumme Junge von früher vor. Mir fehlt nur noch ein Schlafanzug mit Super Mario. Dieser Keller erinnert mich nicht an meine beste Zeit. Die Trennung und der damit verbundene Schmerz sind wieder zum Greifen nah, jetzt wo ich die Kissen sehe, in die ich geheult habe und die Bettdecke spüre, die ich geschlagen habe.

Zum Glück bin ich richtig müde und erschöpft. Ich werde gleich schlafen gehen. Kräfte tanken, denn morgen geht es zur Geburtstagsfeier meines Onkels.

Ich bin froh, dass die Überraschung auf dem Tisch, die mein Vater im Auto angekündigt hat, ein Sixpack Bier ist. Das kann ich jetzt ganz gut gebrauchen. Er kennt mich halt doch noch. So sehr habe ich mich scheinbar nicht verändert. Obwohl ich ausgelaugt bin, brauch ich was, um runterzukommen. Over and Out.