11. Dezember, 19 Uhr 17

Johnny und Tim brauchen dringend Geld. Weihnachten kündigt sich immer penetranter an. Sie werden nervös, weil die Moneten für Geschenke fehlen. Das Resultat ist, dass krumme Dinger bei jedem Treffen mehr und mehr zum Gesprächsthema werden. Ich habe mich ohnehin gefragt, woher die beiden so viel Geld zum Verjuxen haben, wo doch keiner arbeiten geht. Also doch mit verschiedensten Gaunereien von denen sie mir nicht alles erzählten.

Jetzt wollen sie ein größeres Ding wegen der Feiertage drehen. Ich habe auch nichts gegen Geld, musste also gar nicht überredet werden. Ich frage mich nur, warum die beiden so versessen auf teure Geschenke sind. Die wollen ernsthaft Geld beschaffen, nur um es über einen Zwischenschritt zu verschenken. Da heißt es wohl Schein wahren und so tun, als wären sie erfolgreicher, als es die Realität wiedergibt. Arm diese Leute, die versuchen andere mit ihrem Reichtum zu beeindrucken.

Zu Johnny hab ich heute zwei Päckchen mitgenommen. Eigentlich zu viel, um es an diese Trottel zu verschwenden. Keine Ahnung, was ich mir dabei gedacht habe. Bei mir hat der Speedkonsum generell angezogen. Der Vorrat von dem Teddybären hat mich verschwenderisch werden lassen.

Dort war das erste Päckchen schnell weggezogen – Verschwendung pur! Aber was soll ich rumheulen, es hat sich gelohnt: Die Pläne rund ums Kohle beschaffen haben Form angenommen. Ziel und Opfer: die Reichen. Statt Suizidkönig Robin Hood. Wir waren alle aufgedreht und unternehmungslustig. Spontan haben wir eine Runde durch den Vorort Ettlingen statt den Sherwood Forrest gedreht. Auf Anhieb fanden wir ein Viertel mit größeren Villen und einigen Protzbauten. Man muss sich ja teilweise schon fragen, was sich die Leute denken, wenn sie solche Häuser zur Schau stellen. Noch dämlicher: Die Bonzen haben einen privaten Sicherheitsdienst. Das ist doch quasi Garantie und Gewährleistung für alle Einbrecher, dass es dort was zu holen gibt. Die Security ist uns bei der Spritztour mit dem Auto gefolgt. Ich kann es ihnen nicht verübeln. Drei junge Männer in einer solchen Rostlaube gehören augenscheinlich nicht in eines der Häuser.

Es war klar: Da muss was gehen. Da wir nicht noch weiter auffallen wollten (wahrscheinlich war das Nummernschild sowieso schon notiert), haben wir das Auto abgestellt, um uns zu Fuß ein Bild von der Lage machen.

Und dann kam wieder einer dieser Zufälle, die das Leben mit sich bringt. Ich bin nicht nur tödlich, ich bin ein Glückspilz vor dem Herrn. Zum Glück bin habe ich nicht die Zigarettenpause der beiden abgewartet, sondern bin alleine los. Die Ehefrau vom Schweinsteiner, meinem Zimmernachbarn aus dem Krankenhaus, hat gerade ihre Töle Gassi geführt. Wir kamen einander entgegen. Sie hat mich ebenfalls erkannt, mir höflich die Hand geschüttelt. Der Shih Tzu hatte einen guten Instinkt und hielt Abstand. Dann gab es ein bisschen Smalltalk. Sie hatte es eilig – verständlich bei solch einer Gestalt wie mir. Sie wollte der Situation entkommen, war achtlos, ließ sich überrumpeln. Auf die Frage, wo sie denn wohnen, zeigte sie auf ein graues Prunkgebäude.

Ich war mir sicher: Wenn der Typ so geizig ist, dass er mit einem wie mir ein Krankenzimmer teilt, muss er sein Geld horten wie Dagobert Duck. Schweinsteiner musste es sein. Ich habe eine Vergangenheit mit der Familie Schweinsteiner. Wenn das nicht der Fuß in der Tür war, dann zumindest der Finger im Fenster.

Genug gesehen, zurück zum Auto. Die standen immer noch dort und diskutierten. Ich habe die Abfahrt angeordnet. Unterwegs haben wir uns mit zwei Kästen Bier eingedeckt.

Brainstorming beim Saufen… mal was anderes. Johnny hatte es: „Erstmal Nummernschilder vom Auto abschrauben. Und dann so mit Schreckschusspistolen einsteigen. Nachts halt oder vielleicht auch vormittags. Oh und einer muss die Familie in Schach halten. Bedrohen und so. Die beiden anderen durchsuchen das Haus und sacken alle Wertgegenstände und Gemälde ein.“ Ich unterbrach ihn, als er die Flucht beschrieb: „So eine dämliche Idee. Wie zum Teufel sollen wir Kunstwerke und ähnlichen Plunder in absehbarer Zeit zu Geld machen können?“

Es wurde abenteuerlich: Sie hätten Kontakte. Das Zeug wollten sie in einer angemieteten Garage lagern. Es dauerte eine gute halbe Stunde bis ich den beiden Vollhorsts einen bewaffneten Überfall ausreden konnte.

Dann wollten sie einbrechen. Es gäbe doch hier ständig Einbrüche von osteuropäischen Banden. Wenn die das schaffen ohne erwischt zu werden, sollte das für uns doch kein Problem sein. Auch hier musste ich in der Diskussionsgruppe die Kontra-Position einnehmen. Meine Stichpunkte waren Sicherheitsdienst, Alarmanlagen, Überwachungskameras und dass die Ehefrau sicher nicht berufstätig sei, schließlich war sie heute Mittag auch zuhause. Dann wurden wieder die Schreckschusspistolen eingeworfen. Zu hirnverbrannt.

Ich musste heimgehen, weil ich mir sicher war, dass die beiden zu keinem ausgereiften Plan kommen werden.

Die Planung übernehme ich.