Gönnhardt: Kapitel 7

Davon bitte nochmal.

Anne nahm die letzte Stufe mit einem Freudensprung. Mutter Majeski war zuhause abgesetzt worden, sie und Gönnhardt vor Annes Wohnungstür angekommen. Mit nervöser Vorfreude kramte sie in ihren Jackentaschen. Wo war denn nur dieser Schlüssel? Die Haustür hatte sie doch vor wenigen Sekunden erst aufgeschlossen. Wohin konnte der Schlüsselbund nun verschollen sein? Während sie inne hielt, vor dem inneren Auge Möglichkeiten durchspielte, wie sie ihren Schlüsselbund verlegt haben konnte, wurde auch Gönnhardt nachdenklich. Konnte er dieser Fremden vertrauen?

Er scannte sie von unten nach oben. Er musterte sie von den durchgelaufenen Kautschukstiefeln über die hochgekrempelte Jeans vorbei an dem ausgewaschenen Mantel bis zu den braunen Haaren, die mit grauen Strähnen durchzogen waren. Kein Rücken zum Entzücken, dachte Gönnhardt. Dann fällte er sein Urteil: Die ist harmlos. Gleichzeitig machte er sich bewusst, dass das nicht auf die gesamte Menschheit zutraf. In dem Moment, in dem Anne den Schlüsselbund in ihrer hinteren, linken Hosentasche fand, platzte es aus Gönnhardt heraus: Ich brauche Giftköder! Wenn die mich in einen Zoo sperren … Ich kenne die Dokumentationen. Ich weiß, was da abgeht. Ich brauche einen Ausweg. Und sei es der finale.

Anne erschrak. Sie drehte sich um und sagte ernst: Du Gönnhardt, so was hab ich nicht im Haus. Das kann ich auch nicht unterstützen. Ich bin für Tierleben und gegen Tiermord. Ich pass schon auf dich auf. Dir wird schon nichts passieren. Komm erstmal runter, komm erstmal rein.

Und so schloss Anne die Wohnung auf und bat den wohl ungewöhnlichsten Gast, den ein Altbau in Karlsruhe jemals willkommen heißen durfte, herein: So, das ist unser trautes Heim.

Gönnhardts erster Gedanke war, dass das aber eng war. Da hatte er ja im Fuchsbau mehr Platz gehabt. Wortlos streifte sich Anne die Gummistiefel von den Füßen, zog die Jacke aus und wickelte sich aus ihrem Schal. Dann öffnete sie die Tür ins Wohnzimmer und führte Gönnhardt aus dem kleinen Flur.

Gönnhardt wurde geblendet, als Anne den Lichtschalter betätigte. Nachdem er sich getraut hatte, sie wieder zu öffnen, machte Gönnhardt große Augen. Er stand einem Monstrum gegenüber: Silber, Gold, Rot, Blau, ganz hinten blitzte ab und zu Grün auf. Gönnhardt dachte sich seinen Teil und schwieg vorsichtshalber. Er wollte die Gastfreundschaft nicht ruinieren, bevor sie überhaupt begonnen hatte. Von wegen gegen Mord. Da schlachtet die einen Baum, stellt ihn sich in die Bude und demütigt die arme Dame auch noch mit einer bunten Verkleidung von Kugeln und Lametta. Gönnhardt hatte schon viele Bäume fallen sehen. Dass sie in den Wohnungen der Menschen so tief fallen würden, wurde ihm erst jetzt bewusst.

Anne: Das eben war der Gang, hier ist das Wohnzimmer. Machen wir mal eine kleine Besichtigungstour. Das da ist unser Zwischenmieter. Den Tannenbaum haben wir erst gestern geschmückt. Schön, oder?

Gönnhardt schüttelte den Kopf, doch es blieb unbemerkt. Anne führte ihn unbeirrt durch die Wohnung, erwähnte den toten Baum noch ein zweites mal zwischen Wohnzimmer und Küche. Gönnhardt war entsetzt: Bald wird die Tanne einfach weggeworfen.

Zum Glück sorgte Anne für Ablenkung. Die Wohnung war überfüllt, es gab viel zu zeigen. Auf den unzähligen Regalen standen undefinierbare Schnitzereien und Tiere aus Keramik, es pressten sich Bücher in Vitrinen Reih an Glied. Gönnhardts Geschmack war das alles nicht, aber immerhin war es etwas anderes als der aufgeräumte Fuchsbau unter Claudettes Regime. Anders war gut, befand Gönnhardt.

Badezimmer, Küche, Schlaf-Arbeit-Kammer, die Tour war fast beendet. Dann änderte Anne ihre Tonlage. Sie senkte die Stimme, sprach feierlich und mit Demut: Und zu guter Letzt das Königreich vom Herren des Hauses.

Gönnhardt senkte die Ohren und richtete den Kopf nach unten. Er wollte dem König die Ehre erweisen, die ihm gebührte. Anne bekam das nicht mit, mit einem Ruck öffnete sie die Tür zur Ruhmeshalle. Es erstrahlte hellblau. Auf dem Boden lagen keine leeren Weinkrüge und abgeschlagene Köpfe von Feinden, sondern Bauklötze und Sandformen. An der Wand hing kein Gemälde mit Porträt des Herrschers, wie es Gönnhardt aus den Filmen kannte, sondern ein Schnappschuss eines Minimenschen.

Anne: Hier wohnt der Tim, das ist mein Sohn. Der ist jetzt fast drei, aber braucht eigentlich kein eigenes Zimmer. Ich kann dir hier provisorisch was einrichten, wenn du möchtest. Dann schläft der kleine Spatz wieder bei mir im Bett.

Gönnhardt kam sich veralbert vor. Er musste seine aufbrodelnde Wut herunterschlucken. Er betrat den Königssaal, drehte eine Runde und verschwand wortlos ins Wohnzimmer.

Anne: Du bist bestimmt kaputt, du musst ja verhungern. Ich hole dir mal was zu trinken … oder zu essen!?

Als Anne mit einer Schüssel Milch aus der Küche kam, hatte es sich Gönnhardt schon bequem gemacht und sein Revier abgesteckt. Sollte der Prinz doch seine Kammer behalten. Es schien, als hatte Gönnhardt auf Anhieb den richtigen Platz gefunden. Eingerollt lag er in der Mitte der Couch. Die Wahl war leicht gefallen. Er war von Kissen umgeben, außerdem konnte er von seinem Platz direkt auf den Fernseher schauen. Drehte er den Kopf ein wenig, sah er in die Küche. Es war das beste zweier Welten: Fernsehen und Essen.

Gönnhardt blinzelte zufrieden, während Anne ihm die Mahlzeit direkt vor den Mund hielt. Er musste nur noch seine Zunge bewegen. Mit der anderen Hand kraulte Anne den Fuchs. Gönnhardt war im siebten Himmel, er wurde von vorne bis hinten bedient.

Als Gönnhardt von der dritten Schüssel schlürfte, wurde er schludrig und verwandelte Annes Ärmel in einen Milchschwamm. Anne streichelte Gönnhardt unbeirrt über den Rücken. Sie bemerkte den feuchten Ärmel nicht, da sie sich gerade eine Taktik zurechtlegte. Sie musste dem Fuchs noch etwas Wichtiges sagen.

Anne: Gönnhardt, ich muss dir noch etwas Wichtiges sagen. Ich hoffe, du verurteilst mich aufgrund meiner Vorurteile nicht. Aber es muss raus: Bitte kau nicht an meinen Schuhen. Ich bin voll der Schuhfan und mein alter Hund hat mir so viele Paare kaputt gemacht, das glaubst du gar nicht. Das eine Paar war sogar aus der Boutique.

Gönnhardt warf einen Blick auf das Schuhregal im Flur. Ungläubig schaute er Anne an. Anne meinte es ernst. Der Fuchs fixierte die Treter. Er schüttelte sich, ekelhaft, diese Latschen. Vor Schreck verschüttete Anne den Rest der Milch.

Gönnhardt: Keine Sorge.

Als Anne mit der vierten Portion an die Couch kam, war Gönnhardt eingeschlummert. Es war aber auch ein anstrengender Tag gewesen.

***

Dieses Kapitel ist ein Teil des Buches Gönnhardt: Füchse, Kriege, Flüchtlingskrise. Ich hoffe, dass dir die Kostprobe gefallen hat. Ich denke allerdings, dass es mehr Spaß macht, wenn man das Buch als Komplettpaket liest. Was dich trennt? Die Bestellung. Keine Sorge: Falls du das Buch kaufen möchtest, musst du nicht viel Geld ausgeben.

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