Weiter im Programm.

Das Interview mit dem Politiker wurde ausgestrahlt, als Gönnhardt bereits das nächste gab.

Die Klingel trällerte ihr monotones Lied. Nun waren die beiden Detektive an der Reihe. Herein kamen also die zwei Reporter, die Anne ausfindig gemacht hatten. Der Lohn ihrer sittenwidrigen Mühen war das zweite Gespräch mit dem Fuchs.

Die investigativen Journalisten stellten sich vor. Sie nannten lediglich ihre Vornamen, weil sie voll cool, voll locker und voll entspannt drauf waren: Paul und Anne. Ach, war das ein Zufall. Paul hatte den Namen von Anne Zwei am Telefon gar nicht erwähnt. Taktisch nicht unklug, das Eis war gebrochen.

Paul und Anne Zwei erläuterten ihren Plan in knappen Sätzen. Das Duo war ehrgeizig. Sie wollten als Freiberufler jeweils mehrere Verlage beliefern, kamen daher mit einem ganzen Katalog von Fragen. Jeder wollte ein paar Artikel mit guten Zitaten schreiben. Sie nannten sie Feel-Good-Stories. Gönnhardt verstand durch sein Fernsehdeutsch nur Bahnhof. Diese Ausdrucksweise war zu hip für ihn. Anne übersetzte es als Geschichten zum Wohlfühlen. Gönnhardt: Meinetwegen.

Auch Anne und Gönnhardt waren auf dieses Interview vorbereitet. Sie hatten aus dem ersten Besuch gelernt und ihre Bedingungen schon vor der Zusage deutlich gemacht. Die beiden Schreiberlinge kreuzten folglich ohne helle Lampen und Diffusorschirme auf. Ihre Hände hatten sie trotzdem voll, als sie in der Wohnung standen. Sie brachten zwei Kartons dampfender Pizza mit. Pfiffig ist, wer die richtigen Fragen stellt. Paul wusste daher, dass Gönnhardt auf Käsepizza im Allgemeinen und Anne auf Pizza von der Flamenco Amore Pizzeria im Speziellen abfuhr. Das fettige Mitbringsel sorgte dafür, dass der Fuchs offen antwortete und zwischen kauen und schlucken auch einige zitatwürdige Aussagen machte.

Während des Interviews sollte die Chemie stimmen. Im Vergleich mit Assistentin und Schleimbolzen war das hier eine Explosion der Anziehung. Es wurden zwar die gleichen Themen abgearbeitet, die Fragen wurden jedoch ohne schroffen Unterton gestellt. Der Abend klang nett aus. Die vier lachten über gemeine Scherze. Über unsympathische Politiker und deren Mitarbeiter zu lästern, verbindet nicht nur Menschen miteinander. Wie ähnlich sich Lebewesen doch sind, wenn gemeinsame Abneigungen die Brücke schlagen.

In den nächsten Tagen stellte sich ein Trott ein.

Gönnhardt verließ die Wohnung wenig bis kaum. Wenn dann nur ein paar Zentimeter: auf den Balkon und wieder zurück. Nach all den Jahren im Wald war das auch verständlich. Er hatte schließlich genug Natur für schätzungsweise sieben Menschenleben getankt. Viel Freizeit zum Vertrödeln stand ihm ohnehin nicht zur Verfügung. Es folgten im weiteren Verlauf seiner Frage-Antwort-Treffen Interviews für Verlage, Webseiten, Fernsehsendungen und Zeitschriften. Gönnhardt musste immer wieder die gleichen Fragen beantworten und wurde dafür mit Pizza beliefert. Er entwickelte gewaltigen Respekt vor Hollywoodschauspielern, die er vor einem großen Kinostart auf jedem Sender mit einem neuen Mikrofon vor der Nase sah. Genau wie die Stars und Sternchen wiederholte sich Gönnhardt ständig, konnte viele Antworten vor den Fragen auswendig herunterbeten. Es ging immer wieder um Hüte, Essen, Fernsehprogramm, Käsepizza und Karlsruhe.

Gönnhardt war von der vielen Aufmerksamkeit zwar überfordert, aber er gab sich Mühe. Unterbrochen wurde der Gesprächsmarathon nur von entscheidenden Dartwürfen.

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