Übermut tut weh.
Diese Gegenüberstellung hatte das Blut in Wallung gebracht. Voller Energie stürmten die Füchse in den Keller. Was sie dort vorfanden gefiel ihnen ganz und gar nicht. Der sonst so ordentliche Keller sah aus wie die Abstellkammer eines Messis. Es herrschte ein Chaos, das an einen Einbruch erinnerte.
Nach kurzer Aussprache war ihnen klar, wer dafür verantwortlich sein musste. Es konnten ja nur die gewesen sein. Nach dem sie hunderten, tausenden, nein MILLIONEN von Menschen die Stirn gezeigt hatten, wirkten diese paar Wölflein wie ein Klacks. Denen ein für alle Mal zu zeigen, wo der Hammer hing, sollte das Sahnehäubchen dieses Tages werden. Zu dem Adrenalin der Füchse gesellte sich eine stattliche Portion Wut. Die Gruppe verließ den Keller.
Zurück oberirdisch blökte Reinholdt: Wieso wart ihr im Keller?
Seine Schwester wollte Reinholdt natürlich in Nichts nachstehen. Claudette: Das ist UNSER Bereich!
Die Wölfe zeigten sich unbeeindruckt. Sie hatten anscheinend keine Ahnung, was die Füchse wollten.
Zmirka: Geht Keller und Schnauze! Danach drehte sie sich demonstrativ um.
Bugar war der einzige Wolf, der die aufmüpfigen Füchse nicht ignorierte/auslachte/verhöhnte/stehen ließ. So traf es bei der Abreibung nicht nur das schwächste Glied, sondern genau den Richtigen. Schließlich war es dieser Wolf gewesen, der seine Nase in jede Ecke gesteckt hatte. Unbeobachtet und von Neugier gepackt, hatte Bugar genauer im Keller gestöbert, als nötig gewesen wäre. Er wollte einfach herausfinden, worüber die Füchse jeden Abend lachten.
Bugar versuchte sich zu erklären: Ich musste euch doch suchen. Ihr hättet euch ja überall verstecken können, so mickrig wie ihr seid.
Gönnhardt knurrte vor Wut. Bevor er den flotten Spruch auf seinen Lippen herausbekam, legten seine Kameraden los. Bugar musste sich nicht nur stellvertretend für die anderen Wölfe Beleidigungen anhören. Er bekam auch ganz individuelle und maßgeschneiderte Flüche und Verwünschungen zu hören. Es war keine konstruktive Kritik, deshalb wollen wir uns nicht auf dieses Niveau herabbegeben. Schließen wir einfach mit dem letzten Wortbeitrag, der kein Schimpfwort enthielt. Gönnhardt: Wenn du dich da unten nochmal blicken lässt, dann knallt es!
Anne, die immer noch dabei war, konnte die Wölfe zwar auch nicht leiden, doch sie schüttelte nur den Kopf. Das hätte sie nie erwartet. So feindselig hatte sie die Füchse noch nie erlebt. Anne stand während dem Auftritt der Füchse peinlich berührt daneben. So mussten sich die Leute in ihrer Schlange fühlen, wenn sie mit Tim um die Süßigkeiten an der Supermarktkasse stritt. Zum Glück ist Tim nicht dabei, geisterte ihr durch den Kopf. Apropos Tim.
Anne schaute auf ihre Armbanduhr, es war spät geworden. Das war nicht nur ein passender Vorwand, sondern ein trifftiger Grund, um aufzubrechen. Sie hatte sich schon vor einer halben Stunde bei ihrer Freundin angekündigt. Der Wutausbruch der Füchse hatte sie die Zeit vergessen lassen.
Anne: Ich muss jetzt Tim abholen.
Zum Abschied bekam sie weder Dank noch Gruß. Die Füchse zankten sich weiter mit Bugar, der nun ebenfalls auskeilte: Ich rette Füchse immer. Aber ihr gemein. Nicht mehr helfen! Nicht mehr wieder!
Claudette hatte dem natürlich etwas entgegenzusetzen: Wir brauchen keine Hilfe von ein Wolf!
Die anderen Füchse stimmten zu, so wandelte sich dieser Verbündete zum Feind.
Annes Vorsprung war beträchtlich, als Bertram einfiel, dass er sich gar nicht bedankt hatte. Bertram sagte eher zu sich selbst: Der Fernseher! Da muss ich mich einfach nochmal bedanken. Auch er war immer noch voll körpereigenem Aufputschmittel. Verrückt, was Hormone mit Lebewesen anstellen können.
Gesagt, getan. Bertram nahm die Verfolgung auf. Geistesabwesend passierte er die Tür. Gedankenversunken legte er einige hundert Meter zurück. Erst jetzt bemerkte Bertram, dass er sowohl das Schloss als auch den Schlosspark verlassen hatte. Ganz allein ohne seine Freunde, das war ein Debüt. So wagemutig war er noch nie gewesen. Hätte er Anne nicht in unmittelbarer Nähe gesehen, er wäre bestimmt umgekehrt und im Stechschritt in die Sicherheit der Gemeinsamkeit geflüchtet.
Doch Bertram sah Anne da vorne, wie sie die Straße neben dem Schlossgarten überquerte. Als der fernsehsüchtige Fuchs seinerseits die Kreuzung erreichte, stand er vor einer roten Fußgängerampel. Er wartete artig, obwohl kein Auto in der Nähe entdeckt. Oft lief nichts Besseres als Nachrichten, zu viele Todesopfer im Straßenverkehr wurden dabei erwähnt. Also stand er schweigend da und wartete auf Grün.
Dabei beobachtete er Anne, wie sie eine schmächtige Villa betrat. Und wie sie das Haus wenige Sekunden später wieder verließ. Er war verblüfft. Was er sah, bedeutete, dass sie gelogen hatte: Tim war quietschfidel. Der Kleine lachte vor Freude, weil er endlich abgeholt wurde. Er hatte ein mit Matsch verschmiertes Gesicht und sandige Kleidung. Krank war der Junge nicht, attestierte Bertram per Ferndiagnose. Ein weiterer Junge stand mit seiner Mutter am Fenster und streckte Tim zum Abschied die Zunge raus. Dieser Schlawiner war genauso dreckig. Die beiden mussten zusammen gespielt haben.
Grünes Licht. Bertram bewegte sich. Er huschte über die Straße, versteckte sich hinter einem heruntergerissenen Wahlplakat und spitzte die Ohren.
Anne: Danke fürs Aufpassen. Das wäre echt nichts für den Tim gewesen. Die Füchse waren heute unmöglich. Richtig schlimm!
Frau: Das glaube ich gerne. Das sind eben doch wilde Tiere. Da muss man mit den Kleinen schon vorsichtig sein.
Anne: Hmm, ja. Also besten Dank nochmal.
Frau: Jederzeit.
Anne: Darauf muss ich nächste Woche vielleicht wieder zurückkommen. Ich bin ja immer donnerstags im Schloss. Mal schauen, wie krass es wird. Und vielen Dank für den Fernseher, hat genau seinen Zweck erfüllt!
Frau: Ach, das alte Teil, nicht dafür. Das ist doch Schrott.
Der andere Junge strampelte, er wurde heruntergelassen. Der Bub beendete das Gespräch: Nein, nein, nein. Tim weg bleiben.
Die Abneigung zwischen den beiden Buben beruhte also auf Gegenseitigkeit. Der Junge rannte in sein Kinderzimmer, das er endlich wieder für sich allein hatte. Tim fing an zu quengeln. Das war ein guter Moment, zu gehen.
Zum Glück waren Anne und Tim miteinander beschäftigt. Sonst hätten sie bestimmt den Fuchs bemerkt, der jetzt versuchte, sich hinter einen Ampelmast zu quetschen. Bertram kam wieder zur Besinnung, als die beiden außer Sichtweite waren.
So weit weg, so einsam. Bertram machte sich Gedanken, während er abermals auf das Kannst-Gehen-Signal wartete. Wenn Anne die Füchse schon bei so einer Lappalie anlog, was heckte sie sonst noch aus? Welches Spiel wurde hier gespielt? Wieso war der Junge so böse zu Tim? Was hatte es mit dem Geschenk auf sich? Wollte Anne ihn ablenken, um ihren Plan durchführen zu können? Was war überhaupt ihr Plan?
Da war er wieder, der misstrauische, paranoide Bertram.
Erst Bugar, jetzt Anne. Überall Verräter!
Grün.
***
Dieses Kapitel ist ein Teil des Buches Gönnhardt: Füchse, Kriege, Flüchtlingskrise. Ich hoffe, dass dir die Kostprobe gefallen hat. Ich denke allerdings, dass es mehr Spaß macht, wenn man das Buch als Komplettpaket liest. Was dich trennt? Die Bestellung. Keine Sorge: Falls du das Buch kaufen möchtest, musst du nicht viel Geld ausgeben.
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