25. August, 10 Uhr 10

Ich habe es noch ein paar Stunden im Bett ausgehalten. Mich ständig von der einen Seite auf die andere gewälzt. Sicher bin ich auch mal eingenickt, aber nun kann ich nicht mehr liegen.

Es ist tatsächlich Sonntag, das Internet sagt bekanntlich immer die Wahrheit. Das bedeutet: Ich habe keine Tage verloren und wurde nicht von Aliens entführt. Ich bin also kein Fall für die Akte X.

Diese Narbe kann ich mir nicht erklären, es ist ein langer Schnitt vertikal an der Pulsader hoch. So geschnitten, wie man sich eben umbringen würde… wie ich mich umbringen würde. Fest steht: Gestern Nacht ist reichlich Alkohol geflossen. Dadurch ein Blackout und mein Rätsel.

Der Ablauf, bei dem ich mir sicher bin: Ich bin zurück von der Party. Nachdem ich die Nachricht von Alex gelesen hab, hab ich weiter getrunken. Danach habe ich einen Filmriss. Dass ich keine gute Laune hatte, ist auch klar. Die Sache mit den Türstehern und der Süßen war end-peinlich.

Ich rekonstruiere einfach mal den Rest nach der Nachricht von Alex.

Meine Vermutungen: Ich werde wohl einiges über den Durst getrunken haben. Das war offenbar zu viel des Guten. Ich muss mich dann irgendwann unwohl gefühlt haben. Daraufhin hab ich mich im Bad umgezogen, Kleider in die Waschmaschine. Bei der Gelegenheit habe ich mich in die Badewanne gelegt. Dort wollte ich das Parfüm abwaschen. Notiz an mich: Diese Plörre endlich entsorgen. Das Badewasser hat gewirkt. Bei all der Entspannung muss der Alkohol so richtig geknallt haben. In der Badewanne habe ich mich mit einer Rasierklinge, die ich mit der Parfümflasche aufgebrochen hab, in die Haut geschnitten. Das wird so tief gewesen sein, dass es geblutet hat, aber mittlerweile schon etwas verheilt ist.

Ich gebe ja zu, dass ich oft schlecht gelaunt bin, und mir auch auch manchmal wünsche tot zu sein, aber umbringen würde ich mich deshalb doch nicht.

Wie dem auch sei: Es ist alles in Ordnung, Anders. Die Sache ist nochmal glimpflich ausgegangen. Der Alltag hat mich wieder. Es war Glück im Unglücklichsein. Außer meinem Tagebuch wird das niemand erfahren.

Ich habe ein bisschen Angst vor mir. Dass ich mich geschnitten habe, ist harter Tobak, aber das muss ein Aussetzer gewesen sein. Das muss an den Umständen gelegen haben.

Jetzt bin ich in einem Dilemma. So ein Schlückchen zur Beruhigung wäre die richtige Medizin. Doch befürchte ich, ich bin kurz davor, ein regelmäßiger Trinker zu werden, wenn ich so überlege, was ich in den Tagen, seit ich hier schreibe, so konsumierte. Aber das ist nur eine Phase, das weiß ich. Ich muss zwischen Verzweiflung und meiner Gesundheit wählen. Da Stress bekanntlich krank macht, erde ich lieber einen Absacker trinken, um die Sorgen zu herunterzuspülen. An der Tanke gibt es Bier, das hilft bestimmt.