25. August, 4 Uhr 45

Es ist keine 5 Uhr und ich liege verschwitzt im Bett. Wunderbar: Aufgewacht, kann nicht mehr einschlafen. Wieso bin ich schon wach? Mein Wecker klingelt noch lange nicht.

Mein Unterbewusstsein hat mich sicher aus dem Schlaf geholt. Ich habe den krankesten Kram geträumt. Ich glaube, ich habe heute Nacht Wahnvorstellungen gehabt. Immerhin das Bett dreht sich nicht. Das ist ein Teilerfolg nach diesem Suff.

Ich habe den ekelhaftesten Metallgeschmack aller Zeiten im Mund. Erstmal Zähne putzen, sonst.

Ok, ruhig bleiben, nicht in Panik verfallen! Ich komme gerade aus dem Bad. Irgendwas stimmt hier nicht. Die Badewanne ist voller Blut, mein linker Unterarm hat eine lange Narbe.

Sag, dass das nicht wahr ist. Das kann nicht sein. Was ich gestern Nacht geschrieben habe, klingt nicht gut. Alle Anzeichen deuten auf einen Verlauf. Es kann nicht, dass ich heute Nacht so besoffen war, dass ich mich umgebracht habe, oder? Dann wäre ich schließlich tot. Aber ich lebe noch. Im Badezimmer riecht es nach diesem penetranten Blutgeruch, es ist der Geruch von nassem Eisen. Dazu die rote Badewanne, außerdem eine kaputtgeschlagene Rasierklinge.

Ich muss es also versucht haben?!

Spinne ich mir so einen Text zum Spaß zusammen?!

Ich kann nicht einschätzen, wie viel Blut ich verloren haben muss. Wie sieht denn verdünntes Blut aus? Das Badewasser ist schon dunkel. Aber es kann nicht viel gewesen sein, viel Blut kann ich nicht verloren haben. Ich fühle mich nämlich gut.

Die Narbe ist definitiv neu, die hätte ich doch nicht übersehen. Aber wenn es gestern war, dann wäre sie doch noch blutig? Die Narbe an meinem Arm heilt schon. Sie ist zu sehen, ich kann sie fühlen, aber sie blutet nicht und tut nicht weh. Es ist einfach nur Narbengewebe, keine Wunde.

Welcher Tag ist heute? Wie lange war ich weg?

Internet, Fernseher und Handy sagen alle, dass Sonntag ist. Also ist heute heute. Es ist nur ein Tag vergangen. Nicht mal ein Tag, nur ein paar Stunden. Woher habe ich diese Narbe? Vielleicht habe ich mich gestern beim Einkaufen irgendwo aufgekratzt… Das muss es sein. Nee, das waren bestimmt die Türsteher, die haben mich abgestochen und vor Aufregung habe ich nichts gespürt.

Und die Kräuter im Schnaps haben bei der Wundheilung geholfen. Und ich hatte in der Badewanne nur Nasenbluten. Oder ich habe die Rasierklinge auf dem Boden übersehen, als ich ins Bad bin. Dort habe ich mich aufgeschnitten und bin dann in die Badewanne. Das muss es sein.

Und ich denke, dass das mit dem Abschiedsbrief nur ein Traum war, auf dem Block steht nichts.

Vielleicht sollte ich ins Krankenhaus. Aber was sag ich denen? Ich habe an den Füßen auch keine Wunden. Die weisen mich eher ein, als dass sie mir meine Narben behandeln.

Wahrscheinlich bilde ich mir das alles nur ein. Ein bisschen frische Luft und Alltag, dann wäre dieser Alptraum bald ausgeträumt. Ich würde jetzt am liebsten arbeiten gehen. In meinem kleinen, gewohnten Snackgefängnis würde ich schon wieder zur Ruhe kommen. Wahrscheinlich bin ich noch betrunken und phantasiere ein bisschen. Ich schlafe jetzt einfach meinen Rausch aus.