Im Laufe des Mittags ist mir klar geworden, dass ich die Menschen nun in zwei Kategorien einteilen werde: gut und böse. Die erste Gruppe bekommt den guten Anders, der Rest muss sich mit dem Dämon arrangieren. Des Weiteren habe ich gemerkt, dass ich meine Familie vermisst habe und vermissen werden, wenn ich wieder weg bin. Mama meinte morgens, dass sie so guten Käse und so gutes Baguette entdeckt hat, dass sie nicht widerstehen konnte. Da muss man sich natürlich zu einem späten Frühstück treffen. Ich glaube, ich werde hier 10 Kilo zunehmen, so oft wie meine Mutter zum Essen bittet.
Meine kleinen Nichten Isabelle und Laura sind einfach zu süß. Beide sind blond, beide kamen in Sommerkleidchen. Isabelle ist etwas überdrehter als ihre Schwester. Aber beide angenehm verrückt. Genau richtig, wenn man Ablenkung braucht. Sie haben sich total über ihre Süßigkeiten und Plüschtiere gefreut. Ihre Eltern waren auch noch beim Brunch, haben sich dann verabschiedet, um einen Tag Zweisamkeit zu nutzen.
Wir haben dann während dem Essen den weiteren Ablauf geplant. Und siehe da, ich konnte meine Wünsche durchsetzen. Früher hat das nie geklappt. Zugegeben: Mächtige Verstärkung hatte ich durch die beiden Energiebündel. Schnell ausgemacht war ein Zoobesuch. Die Mädchen sind mit 9 und 10 zum Glück noch in dem Alter, in dem Tiere voll süß sind.
Eigentlich wollten alle anderen recht zügig zurück sein, damit meine Mutter genug Zeit zum Kochen hat. Das Mittagessen konnte ich ihr nicht ausreden, aber zumindest nach hinten verschieben. Ich schaffte es, die ganze Meute überzeugen, sie im Zoo oder um den Zoo herum zum Essen einzuladen, falls die Magen knurren wie die Nachbarshunde.
Der Tiergarten war richtig lustig. Es gab reichlich Eis, Snacks und Softdrinks. Meine Barschaft hat gut abgenommen – ganz im Gegenteil zu mir und meinen Rettungsringen. Als ich die ganzen Scheine ausgab, konnte ich mir das Strahlen nicht verkneifen. Es ist schön ein Verbrecher zu sein.
Das Mittagessen zuhause ist entsprechend mager ausgefallen. Anderthalb Anstandstellern musste ich mich zwingen. Anschließend haben sich die Herren von den Damen getrennt. Die Frauen wollten noch ein durch die Stadt marschieren, wie meine Oma zu sagen pflegt. Die Männer hatten beim Brunch ausgemacht, dass es heute zum Fußball geht, dafür waren die Mädchen leider nicht zu begeistern. Aber das hat meiner guten Stimmung keinen Abbruch getan. Der Fußballmittag mit meinem Vater war ein Heidenspaß, obwohl er jeden Abend betet.
Wie hatten jeweils 4 Becher Bier, in der prallen Sonne hat das dann so richtig geknallt. Da haben sich die billigen Plätze gerächt. Vater hatte eine Birne rot wie eine Tomate – geschieht ihm recht. Schließlich hat er darauf bestanden, dass wir günstige Karten nehmen, wenn er sich schon einladen lassen muss. Ich bin ja nicht so der Fan, aber zum Glück ist Fußball ein Sport, der einfach zu verstehen ist. Pfeifen, wenn die Heimfans pfeifen. Wenn ein Tor auf der richtigen Seite fällt, abklatschen. Es wurde ein knapper Heimsieg.
Gott sei Dank musste keiner fahren. Das wäre wohl eine Schlitterpartie geworden. Gute Sache, dass der Nahverkehr im Ticketpreis beinhaltet ist. Ein Hoch auf die illegalen Straßenverkäufer rund ums Stadion! Ein fünftes Bier für den Weg war somit noch drin. Mein Vater kann nicht mehr leugnen, dass ich den Hang zum Alkohol von ihm habe. Ich wusste ja schon immer, woher ich meine Liebe zum Prozentigen habe.
Mit Fahnen wie vor Botschaften sind wir zuhause eingefallen. Am Küchentisch, während ich mir eine Stulle schmierte, kam mir ein Einfall, der Gold wert ist.
Ich musste mich in den ungeliebten Keller verabschieden. Kein Schläfchen, sondern Schatzsuche. Mutti hat gefragt, was ich denn suche, ob sie mir helfen könnte. Ich antwortete: „Eine Überraschung für meine Freunde.“ Mich durch die alten Kisten und Regale zu forsten war wieder ein Trip. So viel vergessene Momente. Diesmal immerhin mit Happy End.
Mit einem vollem Rucksack (Essen, Gemälde der Mädchen und mein Fundstück) bin ich aufgebrochen. Bei meiner Familie habe ich mich für diesen Besuch abgemeldet. Es war ein netter Abschied. Es war schön, ich kann einen Haken machen. Isabelle und Laura bekamen jeweils ein paar Scheinchen für das Sparschwein zugesteckt. Wäre auch traurig, wenn ich mit vollen Taschen zurückkomme. Hoffentlich kaufen sie etwas Unnötiges, das meinem Bruder auf die Nerven geht. Das ist die späte Rache dafür, dass er mich beim Baden immer getunkt hat.
Jetzt ist es Zeit für das Geschäftliche, damit ich Bremen auch noch mit einem Sternchen verlassen kann.