Jetzt bin ich wieder zuhause. Mein Heimweg ist schön kurz. Ich muss nur um die Ecke biegen und eine Straße entlang. Nochmal zum Chef: Der war heute wieder die volle Dröhnung. Es war die Rocky Horror Schwitzer Show mit feuchtem Handschlag, einem Witz über ein Mädchen, das auf dem Heimweg war. Natürlich musste noch ein bisschen über den Umsatz gemeckert werden, das gehört dazu. Der hat schon so einen unsympathischen Namen. Hubert Maas. Ulli meinte, dass Herr Maas seinen Tag damit verbringt, beziehungsweise seine Mettbrötchen damit verdient, ein paar ähnliche Verkaufsstände in Karlsruhe zu betreiben. Hoffentlich ist der Typ nicht auch noch reich. Dann wäre die Welt so unfair wie ein bestochener Schiedsrichter.
Vor unserem Haus stand wieder das blaue Fahrrad. Es gehört der Süßen. Ach, wenn ich mir sie so mit dem Rad vorstelle, das passt wirklich gut zu ihr. Leider bei ich ihr nicht begegnet. Ich bin extra gaaanz laaangsam die Treppen hochgelaufen, mit einer Gedenkminute für jede Stufe, die ich hinter mir gelassen habe. Ich habe es ernsthaft darauf angelegt, sie zu treffen. Eben noch den Müll im Schneckentempo runtergebracht, sogar am Briefkasten habe ich mir eine Ewigkeit Zeit gelassen. Vergebens, habe sie nicht gesehen.
Das Wetter ist gut, aber was soll ich denn nochmal im Schlossgarten? Ich habe keine Lust, mich nochmal zu blamieren. Ich kann nicht so einfach wieder auf den Sattel steigen und nochmal es versuchen. Das habe ich nie gekonnt. Ich muss erstmal schmollen und mir neuen Mut einreden.
Aber ich lasse mich jetzt nicht gehen, sondern verpasse mir einen Frischekick: kalt duschen, dann steigt die Laune hoffentlich. Das Wasser wird bestimmt wieder lauwarm, ich Memme, hoffentlich hilft die Dusche meiner Stimmung dennoch. Wenigstens eine Steigerung aus dem Bodenlosen in Erdgeschoss wäre cool.
Mein Spiegelbild ist enttäuschend: Mittelgroß, mittelblond, mitteldick, mittelhübsch. Früher war das anders. Dem markanten Gesicht ist ein runder Schädel gewichen, meine Augenringe sind dunkel und eingebrannt. Ich bekomme im Rekordtempo Falten. Meine Haut ist der Traum jedes Bäckers: teigig. Der Ansatz vom Bierbauch wird auch immer größer. Naja, der Bierbauch wird immer größer. Der Typ im Spiegel ist mir nicht sympathisch, da schaut mich irgendein Mann an, der unglücklich ist und dem man es ansieht.
Nachtmensch sein ist nicht gut für die Haut oder das Gemüt. Ich sehe aus wie Geist und fühle mich grauenhaft. Super, jetzt wollte ich ein bisschen selbstironisch sein, hab mir aber die Stimmung vermiest.
Mit meinem Schönheitsprogramm kann ich auch später anfangen, jetzt werde ich erstmal ein Nickerchen machen. Ich bekomme schon wieder diese stechenden Kopfschmerzen. Ob das nun Schlafmangel ist oder etwas anderes, kann ich nicht sagen. Normalerweise sind sie aber weg, wenn ich aufwache.