Geknickt und gekränkt.
Die paar Leser, die der Karlsruher Morgen vorweisen konnte, und deren Anteil, der sich bis zum Lokalteil quälte, nahm die Nachricht grummelnd auf.
Es rief ihnen und den Menschen, denen es zugetragen wurde, ins Gedächtnis, dass sie die Tiere und den gesamten Bereich um das Schloss durch ihre Steuergelder, Gebühren und Abgaben finanzierten. Viele erinnerten sich, schon länger keinen Abstecher mehr durch die Grünanlagen gemacht zu haben. Ein plumpes Jetzt erst recht war das Gebot der Stunde. Wenn die Tiere schon so viel kosten, sollten sie wenigstens den Schlossgarten teilen müssen.
Wer im Schlossgarten war, traf auf die Füchse. Denn diese verbrachten viel Zeit draußen. Es blieb ihnen auch nichts anderes übrig. Den Innenraum besetzten die Wölfe die meiste Zeit. Den Keller tagsüber als Aufenthaltsraum zu nutzen war keine Option. Zu eng, zu dunkel, zu sehr Keller.
Die Füchse versuchten offen und nett zu sein, doch trafen auf Ablehnung. Nicht nur die Tatsache, dass sie zahlen mussten, sondern besonders die Selbstverständlichkeit, mit der sie zur Kasse gebeten wurden, ärgerte die Bürger. Die Tiere bekamen alles ohne Murren, man selbst musste berechtige Forderungen mehrfach beim jeweiligen Amt des Misstrauens rechtfertigen und erstreiten. Man kann es nachvollziehen, dass die Menschen dachten, dass sie ungerecht behandelt wurden, dass die Behörden in zweierlei Maß maßen. So lässt sich festhalten: Diese Unfairness erzeugte Gegenwehr.
Die Menschen waren abweisend geworden, Leute reagierten anders auf die Füchse als zu Beginn. Was aufhellte, verdunkelte sich, aus lauten Grüßen wurden leise Flüche.
Fellzeug.
Verlaustes Pack!
Zurück in den Wald mit euch!
Solche Sachen bekamen die Füchse nun nicht nur donnerstags zu hören. Aber was soll man sagen, die Füchse hatten sich eingelebt. Sie hatten sich an die Vorzüge gewöhnt, ihnen gefiel es unter den Menschen. Also trotzten sie den trotzigen Gesellen.
Gönnhardt hatte seine Freunde beim Frühstück überzeugt, heute besonders nett und höflich zu sein. Wer weiß, was er in der Nacht geträumt hatte.
In der Mittagszeit sagte Gönnhardt: Guten Tag, werter Herr!
Schorschi: Sie tragen aber einen schicken Hut, Herr Werter!
Der Mann, dessen Name unbekannt war, blieb stumm. Er tat ganz offensichtlich so, als ob er die Füchse weder sah noch hörte. Doch dazu hätte man blind und gehörlos sein müssen.
Schorschi: HERR WERTER! GUTEN TAG!
Nur ein Naserümpfen. Diese stille Form der Abweisung schmerzte am meisten. Der Herr blickte stur nach vorne, sah durch die Füchse hindurch, als er vorbeiging. Schorschi lächelte und startete einen weiteren Versuch, diesmal fragend und nicht gebrüllt: Ich grüße Gott? Nichts, keine Regung, schweigende Ignoranz.
Als der Mann außer Hörweite war, zischte es aus der dritten Reihe. Bertram: Das ist doch unerhört! Die ständigen Ermahnungen von Anne an Tim hatten nun endgültig auf Schorschi abgefärbt. Zum Leidwesen der anderen verbesserte Schorschi bei jeder Gelegenheit: DOCH! Der hat uns gehört.
Bertram ging es da wie Tim, er fand diese Einwände nicht fürsorglich, sondern nervig. Er rollte mit den Augen: Der hat uns ignoriert, weil wir unter seiner Würde sind. Der hat uns gehört und gesehen.
Schorschi: Habe ich doch gesagt.
Gönnhardt: Die einen verachten dich, die anderen akzeptieren dich. So ist das halt bei den Menschen.
Gönnhardt nach einer kurzen Pause: Wir müssen einfach nett sein, dann merken die Leute, dass wir nicht böse sind. Wie es in den Wald hineinruft, so schallt es heraus.
Schorschi: Aber wir sind doch gar nicht mehr im Wald.
Gönnhardt: …
Bertram: …
Reinholdt: Darf ich ihn beißen?
Die Szene mit dem schneidenden Mann war symptomatisch. Sie konnten sich noch so viel Mühe geben, von einem wachsenden Teil der Besucher wurden die Füchse missachtet. Ein Gespann von Mutter und Sohn sorgte am übernächsten Mittag für den traurigen Höhepunkt der Niedergeschlagenheit.
Schorschi rannte freudig auf die Kleinstfamilie zu. Weil er Tim vermisste, wollte er mit diesem Kind spielen. Nichts da! Als Schorschi zu nahe kam, zog die Mutter ihr Kind zurück. Sie stellte sich schützend vor ihren Nachwuchs und fauchte wie eine Katze: Sch! Sch! Pfui! Nein! Weg, weg! Husch!
Die Füchse waren gekränkt und bedient. Sie gaben sich so viel Mühe, höflich und aufgeschlossen zu sein, doch niemand wollte auch nur in ihrer Nähe bleiben. Klagend zogen sie von Dannen suchten einen abgelegenen Bereich, um auch ja keinem Menschen mehr auf die Nerven zu gehen. Sie steigerten sich im Laufe ihres Spaziergangs in ihre Opferrolle. Die Köpfe hatten sie tief gesenkt, wären sie Schweine, würde es aussehen wie eine Trüffelsuche. Sie schlurften durchs Gras, hinterließen eine traurige Spur von Grashalmen, die genauso geknickt waren wie sie selbst.
Glück im Unglücklichsein: Unbewusst hatten die Füchse die Lichtung entdeckt und erreicht, in der sie sich fortan vor den Wölfen (und manchmal vor Menschen) versteckten. In dieser einsamen Geborgenheit fanden die Füchse nicht nur Ruhe, sondern auch ihre Bissigkeit wieder. Claudette war die erste, die anfing, die Menschen nachzuäffen. Sie tat so, als ob sie telefonierte: Oh wichtig, wichtig, wichtig. Ich muss Müll verkaufen, um Müll kaufen zu können. Blaaa, Blaaa, Blaaa.
Davon inspiriert ahmten auch andere Füchse die Marotten der Männer und Frauen nach. Während ein Fuchs in der Mitte Menschen veralberte, feuerten die anderen ihn an. Die Zuschauer saßen im Halbkreis und genossen die Impressionen vom aktuellen Imitator. Wer einen guten Einfall hatte, war an der Reihe.
Florentine ging auf zwei Beinen auf und ab wie ein Model auf dem Catwalk: Ohhh, ich bin ja so toll und schön. Ich bin aber so dumm, dass ich jemanden zum Fell schneiden, zum Krallen feilen und für alles andere brauche, um nicht hässlich zu sein.
Reinholdt wackelte lasziv mit seinem Hinterteil und zwinkerte den anderen neckisch zu: Schau mich an, ich rasiere mein Fell, damit ich kein Tier bin. Aber ich ziehe Haut von Schweinen und Haare von anderen Tieren über meine glatt rasierte Haut, um nicht zu frieren. Deshalb bin ich eine dumme Kuh.
Gönnhardt wollte nicht undankbar sein, aber er konnte sich diesen Einwurf nicht verkneifen: Muuuh. Dann ging er gebeugt, humpelte ein wenig, zog ein Bein nach und krächzte: Früher war alles besser! Früher waren Füchse noch Pelze!
Schorschi: Ich bin so doof, ich brauche Werkzeug zum Essen.
Und so ging es eine ganze Weile weiter. Kreativ waren ihre Späße nicht, sie hätten aus einem Witzbuch stammen können. Die Füchse amüsierten sich dennoch köstlich. Es war ein guter Kompromiss aus Fuchssicht: Die Menschen wollten sich nicht mit ihnen amüsieren, also amüsierten sie sich über die Menschen.
Mit jedem Sketch wurde die Stimmung ausgelassener. Das Gelächter wurde immer lauter. Und wer gehört werden kann, wird auch bald gesehen. Das Komödiantenstadl auf der Waldblöße blieb nicht unbeobachtet.
***
Dieses Kapitel ist ein Teil des Buches Gönnhardt: Füchse, Kriege, Flüchtlingskrise. Ich hoffe, dass dir die Kostprobe gefallen hat. Ich denke allerdings, dass es mehr Spaß macht, wenn man das Buch als Komplettpaket liest. Was dich trennt? Die Bestellung. Keine Sorge: Falls du das Buch kaufen möchtest, musst du nicht viel Geld ausgeben.
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