Licht aus, Licht an.
Kaum waren die Füchse aufgewacht, wurden sie auch schon besucht. Wenn man jemanden, der einfach seiner Arbeit nachgehen will, denn einen Gast nennen kann, war Guido der erste Gast.
Seine Schicht begann am gähnenden Morgen. Zu dieser frühen Stunde wollte er unauffällig und leise sein. Bei dem Versuch, die Füchse nicht zu wecken, schlich er sich auf Zehenspitzen ins schwarze Fuchszimmer. Mit ausgestreckten Armen ins Leere tastend, wie wir das alle im Dunkeln machen, tapste er vorwärts. Als er sich fast am Ziel wähnte, nämlich an seiner Abstellkammer, trat er gewaltig ins Fettnäpfchen. Er trampelte auf Claudettes Schwanz.
Die arme Füchsin jaulte auf: Auuuuuuuuua!
Guido wischte panisch über die Wand, schaltete schnellstmöglich das Licht an. Er begriff sofort, was er angerichtet hatte. Er war nichtsahnend mitten durch das Schlafquartier der Füchsin gelaufen, ein Zusammenstoß war unvermeidbar gewesen. Guido hob die Arme noch weiter nach oben und betete Entschuldigungen herunter wie Sünder Ave Marias.
Die Füchse sprangen auf, landeten in Kampfformation, bereit Claudette zu verteidigen. Der Angriff wurde umgehend wieder abgeblasen. Claudette und Konsorten erkannten Guido als ihren Essensbringer, sie hatten ihn in guter Erinnerung. Den armen Hausmeister plagte jedoch das schlechte Gewissen. Er verbrachte die nächsten zehn Minuten damit, Claudette auf seinem Arm zu streicheln und ihr dabei die verschiedenen Reinigungsmittel in seinem Putzschrank zu präsentieren. Er ließ sie an den Flaschen und Dosen schnuppern. Sie fand das Schnüffeln beruhigend. Die Ablenkung half, sie spürte rasch keinen Schmerz mehr. Vielleicht wurde Claudette auch einfach von den chemischen Dämpfen zugedröhnt. Diese Zeit am Putzschrank sollte der Beginn einer dicken Freundschaft werden.
Nach dem Frühstück – gut, technisch gesehen war Schorschi noch am frühstücken – kam dann auch Besuch-Besuch: Anne, ihr Sohnemann und die Tierschutzcrew.
Da Anne sofort nach dem Aufstehen zu den Füchsen wollte, hatte Tim an diesem Tag noch nichts gegessen. Schorschi bekam somit jemanden, der ihm Gesellschaft leistete. Die beiden verstanden sich auf Anhieb. Schorschi zeigte dem Kind, wie gut es schmeckt, wenn man erst Schokolade kaut, diese dann mit Milch herunterspült. Tim: Mhmmm, das ist fein. Schorschi konnte nur zustimmend nicken – der Mund war gerade wieder voll.
Auf der einen Seite wurde geschmatzt, auf der anderen Seite geflucht. Die meisten Füchse waren geistesgegenwärtig und taten so, als würden sie sich mit irgendwas Wichtigem beschäftigen. Sie durften ganz offensichtlich nicht gestört werden. Außer Gönnhardt, deshalb musste er sich mit den Erwachsenen beschäftigen. Gerade als Mathilde Wutsalven über Umweltsünder abfeuerte und Thilo zu Hasstiraden über die demonstrierenden Leute, von denen einige aus der Oststadt stammten, ansetzte, platzte Tim in die Gruppe auf der Couch, die gegen den Fernseher anschrie. Nachdem Schorschi Tim beeindruckt hatte, wollte Tim beweisen, dass er ein großer Bub war. Er trommelte mit seiner kleinen Faust auf dem Oberschenkel seiner Mutter: Taba trinken, Taba trinken!
Tim schaute spitzbübisch verschmitzt zu Schorschi, als Anne seinem Befehl fast wortlos Folge leistete. Seine Mutter wollte möglichst wenig Stoff der spannenden Diskussionsrunde verpassen. Klar: Ein paar Ermahnungen über Hauen und Schlagen mussten sein, danach organisierte Anne zwischen Ausführungen über Kleingeisterei und Tierfeinden zwei Portionen Schokoladenmilchgetränk von der Tankstelle um die Ecke.
Schorschi war beeindruckt. Das Kakaogetränkepulver vermischt mit der 3,5% Milch war noch besser als sein Rezept. Es war nämlich weniger Arbeit. In diesem Moment fixte Anne Schorschi genauso an, wie sie es vor gut fünf Monaten mit ihrem Eigen Fleisch und Blut getan hatte. Was Käsepizza für Gönnhardt war, wurde Taba für Schorschi – auf Steroiden! Der gute Schorschi wurde zum Schokoladenmilchgetränk-Junkie.
Zurück auf der Couch nickte Anne interessiert. Thilo und Sayenne argumentierten, dass Wasserverschwendung ein vernachlässigtes Problem der heutigen Zeit sei. Sayenne: Also unser Wasserverbrauch ist ja voll zurückgegangen. Seit Thilo und ich über Eimern duschen, verbrauchen wir voll wenig. Das Wasser kann man beim nächsten Duschen wiederverwerten. Ist ja nur kalt.
Da sie nun schon seit fünf Tagen und vier Nächten keine Lust auf eine kalte Dusche hatten, müffelten die beiden konsequenterweise. Sayennes Aroma etwas sauerer als Thilos.
Florentine spitzte die Ohren, dann rümpfte sie die Nase. Als sie gewahr wurde, dass sie sich den üblen Geruch nicht einbildete, bekam sie ihn nicht mehr los. Sie konsultierte Claudette, die ihr zustimmte und einfach erleichtert war, dass es nicht an Guidos Putzfähigkeiten lag, dass die Luft modrig roch. Claudette und Florentine waren die ersten, die die Flucht nach vorne ergriffen. Das Geschehen verlagerte sich nach draußen.
Dort wurden die Füchse schon sehnsüchtig erwartet. Es hatten sich rund um den Hinterausgang vom Schloss Menschentrauben gebildet. Fast alle wollten etwas sehen, aber wenige trauten sich in die erste Reihe. Überall Kinder, dazu einige Eltern. Die Stimmung ähnelte Hotelhallen am Morgen des Konzerts einer angesagten Musikgruppe.
Die Füchse begrüßten die Menschen und verbrachten etliche Stunden mit ihnen. Allerdings nicht mit den selben Menschen, obwohl es immer das gleiche war. Da die Menschen dieser Zeit eine erschreckend kurze Aufmerksamkeitsspanne hatten, blieb Bewegung in der Masse. Es war wie am Bahnhof. Es herrschte ein stetiger Betrieb im Schlossgarten, weil Besucher kamen und nach kurzem Aufenthalt wieder gingen. Abgesehen von ein paar Schreien und vielen heimlichen Fotos wurden die Füchse an ihrem ersten richtigen Tag unter Menschen mit Respekt behandelt. Familien, Schaulustige und Besucher schossen Schnappschüsse. Neugierige plauderten sogar mit den Füchsen, nachdem die Berührungsängste überwunden waren.
***
Dieses Kapitel ist ein Teil des Buches Gönnhardt: Füchse, Kriege, Flüchtlingskrise. Ich hoffe, dass dir die Kostprobe gefallen hat. Ich denke allerdings, dass es mehr Spaß macht, wenn man das Buch als Komplettpaket liest. Was dich trennt? Die Bestellung. Keine Sorge: Falls du das Buch kaufen möchtest, musst du nicht viel Geld ausgeben.
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